GrESt: Verminderung des Anteils am Vermögen einer KG

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass eine Anteilsminderung i.S. des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG vorliegt, wenn die Beteiligung am Vermögen der Gesamthand gemindert wird. Das kann durch Veräußerung des Gesellschaftsanteils selbst bewirkt werden oder auch durch anderweitige Vereinbarungen erfolgen, wenn es dadurch bei im Übrigen unveränderter bürgerlich-rechtlicher Beteiligung am Gesamthandsvermögen wirtschaftlich zu einer Beschränkung oder Aufgabe der Beteiligung am wirtschaftlichen Wert des Gesellschaftsanteils und somit an der Teilhabe am Wert des eingebrachten Grundstücks kommt.

Sachverhalt

Am Vermögen der Klägerin, einer KG, war Z zu 100 % beteiligt. Im Jahr 2008 erwarb die Klägerin diverse Grundstücke von insgesamt zehn KGs, deren Kommanditanteile von den leiblichen Kindern des Z gehalten wurden. Die veräußernden KGs hatten den Grundbesitz in diesem Zeitpunkt über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren gehalten.

Mit Feststellungsbescheid stellte das Finanzamt fest, dieser Erwerbsvorgang sei nach § 3 Nr. 6 i.V.m. § 6 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) steuerfrei.

Im Jahr 2008 veräußerte Z 94 % seiner Kommanditanteile an der Klägerin mit sofortiger Wirkung an E. Außerdem unterbreitete Z am selben Tag D ein bis zum 30. Juni 2014 für Z unwiderrufliches notariell beurkundetes Angebot auf Abschluss eines Kauf- und Abtretungsvertrags über den ihm verbliebenen Kommanditanteil von 6 %. Seine Gewinn- und Verlustbeteiligung für die bei ihm verbliebenen 6 % trat Z bis zum 31.Dezember 2013 an E ab.

Nach einer Betriebsprüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass die Steuervergünstigung gem. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG vollumfänglich rückwirkend zu versagen sei. Es erließ einen entsprechend geänderten Feststellungsbescheid gegenüber der Klägerin und wies den dagegen gerichteten Einspruch als unbegründet zurück.

Die Klage vor dem Finanzgericht Köln hatte nur teilweise Erfolg bezgl. der Bemessungsgrundlage (vgl. unseren Blogbeitrag).

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz insoweit aufgehoben, als es die Feststellung über den Umfang der Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes betrifft.

Anders als vom Finanzgericht entschieden ist die Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG nicht vollständig, sondern nur in Höhe von 94 % der Bemessungsgrundlage des streitgegenständlichen Erwerbs rückwirkend nicht zu gewähren.

Beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand wird nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG die Steuer nicht erhoben, soweit die Anteile der Gesamthänder am Vermögen der erwerbenden Gesamthand ihren Anteilen am Vermögen der übertragenden Gesamthand entsprechen (BFH-Beschluss vom 05. Juni 2019, II B 21/18).

Als "Anteil am Vermögen der Gesamthand" i.S. der §§ 5 und 6 GrEStG ist die wertmäßige Beteiligung des einzelnen Gesamthänders am Gesamthandsvermögen anzusehen (vgl. grundlegend BFH-Urteile vom 31. Mai 1972, II R 9/66, hier insbesondere der erste Leitsatz, und vom 05. Februar 2020, II R 9/17).

Eine Anteilsminderung i.S. des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG liegt vor, wenn die Beteiligung am Vermögen der Gesamthand gemindert wird. Das kann durch Veräußerung des Gesellschaftsanteils selbst bewirkt werden. Die Anteilsminderung kann aber auch durch anderweitige Vereinbarungen erfolgen, wenn es dadurch bei im Übrigen unveränderter bürgerlich-rechtlicher Beteiligung am Gesamthandsvermögen wirtschaftlich zu einer Beschränkung oder Aufgabe der Beteiligung am wirtschaftlichen Wert des Gesellschaftsanteils und somit an der Teilhabe am Wert des eingebrachten Grundstücks kommt.

Die Fünfjahresfrist nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG in der im Streitfall noch anwendbaren Fassung beginnt mit der Verwirklichung des begünstigten Erwerbsvorgangs unabhängig von der Haltedauer der übertragenden Gesamthand oder deren Gesellschaftern. Über eine personenbezogene Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 oder Nr. 6 GrEStG wird lediglich das Tatbestandsmerkmal "Gesamthänder" ersetzt. Die übrigen Voraussetzungen der Begünstigung, insbesondere die Haltefrist von fünf Jahren, sind auch von den in gerader Linie verwandten oder beschenkten Personen einzuhalten.

Nach diesen Grundsätzen hat das Finanzgericht zu Unrecht entschieden, dass die Steuervergünstigung des § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG in vollem Umfang weggefallen sei.

Die vom Finanzgericht festgestellten Tatsachen tragen nicht die Schlussfolgerung, Z habe durch die Vereinbarungen mit D und E auch über seine restliche Beteiligung in Höhe von 6 % verfügt, so dass auch insoweit sein Anteil am Gesamthandsvermögen i.S. des § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG vermindert sei.

Hingegen ist die Steuervergünstigung durch die Veräußerung vom xx.12.2008 an E zu 94 % rückwirkend entfallen. In diesem Umfang wurde der Anteil des Z am Gesellschaftsvermögen der Klägerin vermindert. Der Zeitpunkt der Weiterveräußerung lag innerhalb der Haltefrist. In diese Frist ist die vorherige Beteiligung der Kinder des Z nicht einzurechnen.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 12. Januar 2022 (II R 4/20), veröffentlicht am 17. Juni 2022.

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