Betriebsstättenbegriff nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG nach altem und dem ab 2014 geltenden Reisekostenrecht

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil zum Betriebsstättenbegriff nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG nach altem und dem ab 2014 geltenden Reisekostenrecht Stellung genommen.

Sachverhalt

Der Kläger war zunächst als Angestellter beim Abbruchunternehmen seines Vaters tätig. Seit Juni 2010 betrieb er selbst unter derselben Adresse wie sein Vater (E-Straße 1 in R) ein solches Unternehmen als Ein-Mann-Betrieb. In dessen Rahmen führte er Abbruch- und Reinigungsarbeiten an Aluminiumöfen sowie Mäh- und Schneidearbeiten auf dem Gelände seines (einzigen) Auftraggebers, der A in E, aus. Diesen Kunden hatte er von seinem Vater "übernommen". Neben eigenen Gerätschaften setzte der Kläger Maschinen und Fahrzeuge seines Vaters ein.

Die Fahrten nach E unternahm der Kläger von R aus, wo er unter der Anschrift Am M 2 wohnt. Für diese Fahrten nutzte er während der Streitjahre 2012 bis 2014 zum Teil seinen im Betriebsvermögen befindlichen PKW; im Übrigen erfolgten die Fahrten zur A mit einem LKW seines Vaters von dem Grundstück E-Straße 1 aus.

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung ging das Finanzamt für die Streitjahre davon aus, dass sämtliche Fahrten des Klägers als Wege zwischen Wohnung und seiner Betriebsstätte auf dem Gelände der A in E anzusehen und die hierfür angefallenen Aufwendungen daher nicht nach Reisekostengrundsätzen zu berücksichtigen seien.

Die dagegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf blieb ohne Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Die Würdigung des Finanzgerichts, die in Rede stehenden Fahrten des Klägers mit seinem betrieblichen PKW seien sowohl nach der für die Streitjahre 2012 und 2013 gültig gewesenen Fassung als auch nach der ab dem Streitjahr 2014 geltenden Fassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Einkommensteuergesetz (EStG) solche zwischen Wohnung und Betriebsstätte gewesen, so dass die damit zusammenhängenden Aufwendungen nur mit der Entfernungspauschale berücksichtigt werden können, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Wird der Gewerbetreibende an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Auftraggebers fortdauernd tätig, so liegt eine Betriebsstätte i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG in der bis zum Jahr 2013 geltenden Fassung auch dann vor, wenn der Gewerbetreibende zugleich über eine eigene Betriebsstätte verfügt.

Das ‑ungeschriebene‑ Erfordernis eines nachhaltigen und fortdauernden Aufsuchens der Betriebsstätte zur Ausübung der betrieblichen Tätigkeit durch den Unternehmer (Merkmal der Dauerhaftigkeit) setzte nach der bis 2013 geltenden Rechtslage keine bestimmte vertragliche Mindestlaufzeit voraus.

Nach der die Neuordnung des steuerlichen Reisekostenrechts ab 2014 prägenden Grundentscheidung wird die erste Tätigkeitsstätte vorrangig anhand der arbeits-(vertrag-) oder dienstrechtlichen Zuordnung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber bestimmt (vgl. BFH-Urteil vom 10. April 2019 - VI R 6/17, BStBl. II 2019, 539, Rz. 19, siehe unseren Blogbeitrag).

Fundstelle

BFH, Urteil vom 16. Februar 2022 (X R 14/19), veröffentlicht am 21. Juli 2022.

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

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