Update: Finanzrechtsweg für Schadenersatz nach der DSGVO
Für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen Finanzbehörden wegen behaupteter Verstöße gegen die DSGVO ist der Finanzrechtsweg gegeben. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Rahmen eines aktuellen Beschlusses entschieden.
Sachverhalt
Der Kläger machte mit seiner Klage beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg unter Berufung auf die DSGVO verschiedene datenschutzrechtliche Ansprüche gegen das Finanzamt geltend, darunter einen Schadenersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO.
Nach Anhörung beider Beteiligter hat das Finanzgericht das Verfahren betreffend Schadenersatz abgetrennt, den Finanzrechtsweg für unzulässig erklärt und das Verfahren unter Zulassung der Beschwerde nach § 17a Abs. 1 GVG an das örtliche Landgericht verwiesen (Beschluss vom 27. Oktober 2021, 16 K 16155/21).
Beide Beteiligte haben Beschwerde eingelegt, denen das Finanzgericht nicht abgeholfen hat. Sie vertreten übereinstimmend die Auffassung, § 32i Abs. 2 AO erfasse auch Schadenersatzansprüche.
Entscheidung des BFH
Auf die Beschwerden des Klägers und des Beklagten hat der BFH den Verweisungsbeschluss des Finanzgerichts aufgehoben.
Die nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG zulässigen Beschwerden sind begründet. Für die Klage gegen das Finanzamt, mit der Schadenersatzansprüche nach Art. 82 DSGVO geltend gemacht werden, ist der Finanzrechtsweg gegeben.
Einfachgesetzlich ist der Finanzrechtsweg für den Schadenersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO i.V.m. § 32i Abs. 2 Satz 1 AO eröffnet.
Aus § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO, der für Schadenersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, den ordentlichen Rechtsweg vorsieht und auf den sich das Finanzgericht berufen hatte, folgt einfachgesetzlich schon deshalb nichts Gegenteiliges, weil § 32i Abs. 2 AO nur als lex specialis zu dieser Vorschrift verstanden werden kann.
Auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ergibt sich keine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für den streitigen Schadenersatzanspruch. Es handelt sich nicht um einen Amtshaftungsanspruch i.S. des Art. 34 Satz 1 GG.
Eine Vorlage des Rechtsstreits an den EuGH nach Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Es ist nicht im Ansatz erkennbar, warum Art. 82 DSGVO einer nationalen Regelung entgegenstehen könnte, die den Schadenersatzanspruch ebenso wie andere datenschutzrechtliche Ansprüche der Finanzgerichtsbarkeit zuweist. Ob umgekehrt unionsrechtliche Bedenken bestünden und deshalb ggf. eine Vorlage angezeigt wäre, wenn das nationale Recht die allgemeinen datenschutzrechtlichen Ansprüche einerseits und den Schadenersatzanspruch andererseits unterschiedlichen Gerichten zuwiese ‑so wie es der Auffassung des Finanzgerichts, aber auch des Hessischen Landessozialgerichts entspricht‑, muss nicht mehr entschieden werden.
Update (17. Oktober 2022)
Das Urteil II B 92/21 wurde im BStBl. veröffentlicht, BStBl. II 2022, Seite 535.
Fundstelle
BFH, Beschluss vom 28. Juni 2022 (II B 92/21), veröffentlicht am 21. Juli 2022.