Zur Umsatzbesteuerung der Wärmeabgabe aus einem Blockheizkraftwerk
Entstehen Selbstkosten i.S. von § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG für entgeltliche Lieferungen wie auch für unentgeltliche Wertgaben nach § 3 Abs. 1b UStG, sind diese entsprechend § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Mit Gesellschaftsvertrag vom 01. Februar 2001 wurde die AA Stromerzeugung GbR als sog. Innengesellschaft gegründet. Gesellschafter sind neben dem Kläger, seine Ehefrau sowie sein Sohn. Gegenstand des Unternehmens ist die Stromerzeugung aus Biomasse in einem Blockheizkraftwerk ohne Fremdbezug zur Verteilung. Die durch die Stromproduktion in einer Kraft-Wärme-Koppelungsanlage (KWK-Anlage) ebenfalls entstehende Abwärme wurde zum Teil auch zur Versorgung u.a. des privaten Wohnhauses, des vom Kläger und seiner Ehefrau betriebenen Hühnermaststalls und des Wärmenetzes der Gemeinde verwendet.
Streitig ist die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Wärmeabgabe aus der KWK-Anlage in den Jahren 2010 bis 2013 (Streitjahre). Der Kläger wendete sich gegen die Ermittlung der Selbstkosten durch das Finanzamt im Verhältnis der erzeugten Mengen an elektrischen und thermischen Energien (in kWh).
Die Klage vor dem Finanzgericht München blieb ohne Erfolg.
Entscheidung des BFH
Der BFH hat der Revision stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Das Finanzgericht hat gegen § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) verstoßen, indem es zu Unrecht den durchschnittlichen Fernwärmepreis anstelle anteiliger Selbstkosten als Bemessungsgrundlage für die unentgeltlichen Wertabgaben angesetzt und die Aufteilung der Selbstkosten nach der "energetischen Methode" vorgenommen hat.
Vorliegend ist die Entscheidung des Finanzgerichts, dass kein Einkaufspreis am Markt für einen gleichartigen Gegenstand ermittelt werden konnte, weil der Kläger nicht an das Fernwärmenetz angeschlossen war, sondern die von ihm produzierte Wärme lediglich an die Gemeinde abgab, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Danach scheidet der durchschnittliche Fernwärmepreis als Bemessungsgrundlage eines Einkaufspreises aus. Denn von einem Fernwärmeversorger produzierte und angebotene Wärme kann nur dann als "gleichartiger Gegenstand" i.S. von § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG angesehen werden, wenn sie für den Unternehmer zum Zeitpunkt des Umsatzes grundsätzlich ebenso erreichbar und einsetzbar ist wie die selbst erzeugte Wärme.
Die Bemessungsgrundlage gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG bestimmt sich deshalb im Streitfall nach den (anteiligen) Selbstkosten, wenn der Kläger einen Gegenstand (hier: die Biogasanlage) für unterschiedliche Zwecke (hier: die entgeltliche Stromlieferung und die unentgeltliche Zuwendung von Wärme) verwendete, ohne dass eine Anbindung an das Fernwärmenetz bestand. Maßgeblich sind somit die Selbstkosten für die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage.
Entstehen Selbstkosten i.S. von § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG für entgeltliche Lieferungen wie auch für unentgeltliche Wertgaben nach § 3 Abs. 1b UStG, sind diese entsprechend § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen.
Müssen aufgrund einer unentgeltlichen Abgabe von Wärme aus einem Blockheizkraftwerk die Selbstkosten auf den Strom und die Wärme aufgeteilt werden, hat die Aufteilung im Regelfall nicht nach der erzeugten Menge an elektrischer und thermischer Energie (in kWh), sondern nach tatsächlichen oder ggf. fiktiven Umsätzen (Marktwerten) zu erfolgen (entgegen Abschn. 2.5 Abs. 22 Satz 6 UStAE).
Fundstelle
BFH, Urteil vom 15. März 2022 (V R 34/20), veröffentlicht am 21. Juli 2022.