Gewerbesteuerpflicht einer Immobilien-GmbH bzw. Betriebsstätte bei Einschaltung einer Dienstleistungsgesellschaft

Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Räumlichkeiten dann eigene Betriebsstätten i.S. des § 12 Satz 1 AO sein, wenn es sich hierbei um solche einer eingeschalteten Dienstleistungs- oder Managementgesellschaft handelt und hierüber kein vertraglich eingeräumtes eigenes Nutzungsrecht besteht (BFH, Urteile vom 23. Februar 2011, I R 52/10; vom 24. August 2011, I R 46/10). Dies gilt aber nur, wenn die fehlende Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung oder Anlage des Dritten durch eine eigene unternehmerische Tätigkeit vor Ort ersetzt wird (beispielsweise Identität der Leitungsorgane, fortlaufende nachhaltige Überwachung in den Räumlichkeiten des Auftragsnehmers). Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin (eine GmbH) hatte zwei inländischen Managementgesellschaften schriftliche und sehr umfängliche „Hausverwaltungsvollmachten“ bezüglich der betreffenden Liegenschaft erteilt, u.a. mit der Erlaubnis Rechtsgeschäfte abzuschließen: „Die Verwalterin vertritt die Eigentümerin gegenüber Arbeitnehmern, Mietern, Behörden und sonstigen dritten Personen und Beteiligten, soweit geltend zu machende Ansprüche das Verwaltungsobjekt betreffen. Diese Vollmacht erstreckt sich auf die Vornahme einseitiger Rechtsgeschäfte nach § 174 BGB, insbesondere auf die Anmahnung und juristische Durchsetzung rückständiger Mieten und Umlagen“.

Die Klägerin hatte in ihrer Klagebegründung u.a. ausgeführt, dass ein im Inland gelegenes Vermietungsobjekt nach ständiger Rechtsprechung des BFH regelmäßig keine Betriebsstätte im Sinne von § 12 Abgabenordnung (AO) begründe. Im vorliegenden Fall habe zudem der alleinige Geschäftsführer der Klägerin seine Unternehmen an seinem Wohnsitz in Luxemburg verwaltet. Dort habe er der Klägerin die Steuererklärungen unterschrieben, so dass sich die Stätte der Geschäftsführung nicht in Deutschland, sondern in Luxemburg befunden habe.

Die Klage vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg blieb ohne Erfolg (siehe unseren Blogbeitrag). Das Finanzgericht vertrat die Ansicht, die Klägerin habe im Inland eine Betriebsstätte gehabt, mit der Folge der grundsätzlichen Gewerbesteuerpflicht.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Das Finanzgericht hat auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen zu Unrecht entschieden, dass die Klägerin im Inland eine inländische Betriebsstätte nach § 12 AO unterhält.

Eine Betriebsstätte i.S. von § 12 Satz 1 AO erfordert eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).

Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Räumlichkeiten dann eigene Betriebsstätten i.S. des § 12 Satz 1 AO sein, wenn es sich hierbei um solche einer eingeschalteten Dienstleistungs- oder Managementgesellschaft handelt und hierüber kein vertraglich eingeräumtes eigenes Nutzungsrecht besteht (BFH, Urteile vom 23. Februar 2011, I R 52/10; vom 24. August 2011, I R 46/10). Dies gilt aber nur, wenn die fehlende Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung oder Anlage des Dritten durch eine eigene unternehmerische Tätigkeit vor Ort ersetzt wird (beispielsweise Identität der Leitungsorgane, fortlaufende nachhaltige Überwachung in den Räumlichkeiten des Auftragsnehmers).

Ohne eine gewisse räumliche und zeitliche "Verwurzelung" des Unternehmens vor Ort, fehlt es an dem für eine Betriebsstättenbegründung erforderlichen Dienen der Geschäftseinrichtung oder Anlage für eigene unternehmerische Zwecke i.S. des § 12 Satz 1 AO. Allein die Übertragung von auch umfassenden Aufgaben ohne gleichzeitig eigene betriebliche Tätigkeiten vor Ort, macht die Betriebsstätte des Auftragnehmers nicht zur Betriebsstätte des Auftraggebers.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 23. März 2022 (III R 35/20), veröffentlicht am 11. August 2022.

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