Belastung der Dividenden von inländischen Kapitalgesellschaften bei steuerbefreiten öffentlich-rechtlichen Versorgungswerken
Es verletzt nach der im Jahr 2010 geltenden Rechtslage nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, dass Dividenden, die ein öffentlich-rechtliches Versorgungswerk von inländischen Kapitalgesellschaften in seinem gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG steuerbefreiten BgA bezieht, für Körperschaftsteuerzwecke gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1 KStG einem abgeltenden Kapitalertragsteuerabzug von den Bruttoeinnahmen mit einer teilweisen Abstandnahme auf drei Fünftel des Steuerabzugs unterliegen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Die Klägerin ist ein öffentlich-rechtliches berufsständisches Versorgungswerk. Körperschaftsteuerlich wurde die Tätigkeit der Klägerin als berufsständisches Versorgungswerk als Betrieb gewerblicher Art (BgA) i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 6 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr 2010 anzuwendenden Fassung (KStG) eingeordnet. Die Klägerin war hinsichtlich der im BgA erzielten gewerblichen Einkünfte gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG für Zwecke der Körperschaftsteuer steuerbefreit.
Die Klägerin erzielte im BgA auch diejenigen Kapitalerträge, für die sie im Streitfall die Freistellung von der Kapitalertragsteuer und vom Solidaritätszuschlag begehrt. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab.
Die Klage vor dem Niedersächsischen Finanzgericht hatte keinen Erfolg.
Entscheidung des BFH
Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klägerin ist mit ihrem als BgA geführten berufsständischen Versorgungswerk i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 Abs. 1 KStG nach den Regelungen des KStG zur Bestimmung der persönlichen Steuerpflicht ebenso wie eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG) ein unbeschränkt steuerpflichtiges Körperschaftsteuersubjekt, das ein Einkommen erzielt, welches ihm eine eigene Leistungsfähigkeit vermittelt.
Die für den BgA der Klägerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG gewährte Steuerbefreiung ändert hieran nichts. Es handelt sich um eine subjektiv-sachliche Steuerbefreiung, die die unbeschränkte Steuerpflicht der Klägerin gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG unberührt lässt, weil sie lediglich einen Teil des Steuerobjekts ‑die im BgA erzielten und nicht unter § 5 Abs. 2 Nr. 1 KStG fallenden abgeltend besteuerten Einkünfte‑ von der Körperschaftsteuer befreit.
Die partielle Steuerbefreiung der Klägerin in § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG begründet keine besondere Art einer beschränkten Steuerpflicht.
Der Gesetzgeber hat die Klägerin als partiell unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft des öffentlichen Rechts ‑anders als eine unbeschränkt steuerpflichtige veranlagte Kapitalgesellschaft‑ innerhalb des KStG in ein besonderes Subsystem der Besteuerung öffentlich-rechtlicher Körperschaften eingebunden und bei diesen Steuersubjekten ‑wie bei der Klägerin‑ von einer Veranlagung für Zwecke der Körperschaftsteuer (vgl. § 31 Abs. 1, § 32 Abs. 1 Nr. 1 KStG) abgesehen.
Die Klägerin wird hinsichtlich des steuerpflichtigen Teils ihres Einkommens, der abzugspflichtigen Kapitalerträge (und Wertpapierleiherträge), für Zwecke der Körperschaftsteuer durch den Kapitalertragsteuerabzug (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1 KStG) und den besonderen Steuerabzug gemäß § 32 Abs. 3 KStG abgeltend besteuert.
Diese Grundentscheidung des Gesetzgebers ist weder willkürlich noch sachwidrig.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 17. Mai 2022 (VIII R 2/18), veröffentlicht am 25. August 2022.