Fahrzeugüberlassung an Arbeitnehmer zu privaten Zwecken als tauschähnlicher Umsatz
Der für einen steuerbaren Umsatz erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung an einen Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen zu privaten Zwecken und der (teilweisen) Arbeitsleistung liegt dann vor, wenn die Fahrzeugüberlassung individuell arbeitsvertraglich vereinbart ist und tatsächlich in Anspruch genommen wird. Dies hat der Bundesfinanzhof in einer Folgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 20. Januar 2021 (Rechtssache C‑288/19 Finanzamt Saarbrücken) entschieden.
Hintergrund
Der Streit im Ausgangsverfahren betrifft die Überlassung (d.h. von ununterbrochen mehr als 30 Tagen) eines Firmenfahrzeugs eines in Luxemburg ansässigen Unternehmers an in Deutschland wohnendes Personal in den Jahren 2013 und 2014 (Streitjahre). Zum einen erfolgte die Überlassung des Fahrzeugs unentgeltlich (worauf sich die Vorlagefrage des Finanzgerichts an den EuGH bezog), während in dem anderen Fall die Kosten in Höhe von 5.700 Euro jährlich durch den Arbeitnehmer getragen und ihm vom Lohn abgezogen wurden. Das Finanzgericht Saarbrücken hatte den EuGH um Vorabentscheidung zur Frage gebeten, ob mit der "Vermietung eines Beförderungsmittels an Nichtsteuerpflichtige" auch die Überlassung eines dem Unternehmen eines Steuerpflichtigen zugeordneten Fahrzeugs an sein Personal zu verstehen ist, wenn dieses dafür außer seiner Arbeitsleistung kein Entgelt erbringt. Der EuGH entschied, dass es sich bei der unentgeltlichen Überlassung per se nicht um eine entgeltliche Dienstleistung handelt (EuGH-Urteil vom 20. Januar 2021 (C‑288/19), Finanzamt Saarbrücken; siehe hierzu unser Blogbeitrag vom 20. Januar 2021).
Das Finanzgericht Saarbrücken zog in seinem Folgeurteil nach und entschied analog den EuGH-Vorgaben, indem es der Klage überwiegend stattgab. Hiergegen wandte sich das Finanzamt mit der Revision. Nach der Rechtsprechung des EuGH könne die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers eine Vergütung für Zuwendungen des Arbeitgebers darstellen.
Entscheidung des BFH
Die Revision des Finanzamts ist begründet, das Urteil des Finanzgerichts wurde aufgehoben. Die Fahrzeugüberlassung ist als Vermietung eines Beförderungsmittels im Inland gemäß § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 Umsatzsteuergesetz (UStG) steuerbar.
Nach § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG handelt es sich um einen tauschähnlichen Umsatz, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht, die als tauschähnlicher Umsatz mit Baraufgabe auch mit einer Barzahlung verbunden werden können. Obwohl die MwStSystRL keine § 3 Abs. 12 UStG entsprechende Bestimmung enthält, sind Gegenleistungen in Form von Geldzahlungen und in Form von Sachleistungen auch unionsrechtlich nach der Rechtsprechung des EuGH gleich zu behandeln, wobei es genügt, dass die Gegenleistung in Geld ausgedrückt werden kann. Dementsprechend kann die Gegenleistung für eine Lieferung in einer Dienstleistung bestehen und Besteuerungsgrundlage der Lieferung sein, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Lieferung und der Dienstleistung besteht und wenn der Wert der Dienstleistung in Geld ausgedrückt werden kann (Rz. 18 im Urteil).
Das Finanzgericht hatte einen tauschähnlichen Umsatz abgelehnt, da der EuGH in seinem Urteil, Rz 31, eine Entgeltlichkeit nur in drei Fällen angenommen habe und in Rz 43 zudem ausgeführt habe, dass es unerheblich sei, ob "im Rahmen der Einkommensteuer die private Nutzung des dem in Rede stehenden Unternehmen zugeordneten Gegenstands als ein quantifizierbarer geldwerter Vorteil und somit in gewisser Weise als ein Teil der Vergütung angesehen wird, auf die der Begünstigte als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung des fraglichen Gegenstands verzichtet hat". Beides, so der BFH, entspreche weder formal noch inhaltlich der EuGH-Rechtsprechung, nach der sich ein Entgelt auch aus einer Sachleistung ergeben kann (Rz. 21 und 22 im Urteil).
Fazit des BFH: Der erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen der Fahrzeugüberlassung und der (teilweisen) Arbeitsleistung ist zu bejahen, da die Klägerin und der jeweilige Angestellte das Recht zur Privatnutzung des Dienstfahrzeugs individuell arbeitsvertraglich vereinbart hatten und unter Beachtung der wirtschaftlichen Realität davon auszugehen ist, dass von der Zusage dieser Nutzungsmöglichkeit die Entscheidung des jeweiligen Angestellten abhing, ob er das Beschäftigungsverhältnis zu den angebotenen oder nur zu anderen Bedingungen einging. Damit besteht kein "bloßer", sondern ein das Dienstverhältnis mit prägender Zusammenhang, der sich auch nicht lediglich aus einer einkommensteuerrechtlichen Betrachtung ableitet.
Fundstelle
BFH-Urteil vom 30. Juni 2022 (V R 25/21), veröffentlicht am 29. September 2022.