Keine dauerhafte Zuordnung bei nur befristeten Einsätzen im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses

Maßgebliches Arbeitsverhältnis für die Frage, ob der Arbeitnehmer einer betrieblichen Einrichtung i.S. des § 9 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 EStG dauerhaft zugeordnet ist, ist das zwischen dem Arbeitgeber (Verleiher) und dem (Leih-) Arbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis. Besteht der Einsatz des Arbeitnehmers bei dem Entleiher in wiederholten, aber befristeten Einsätzen, fehlt es an einer dauerhaften Zuordnung i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger ist seit dem 01. Februar 2012 mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag bei A angestellt, einem Personaldienstleister, der u.a. Arbeitnehmer im Rahmen von Zeitarbeit überlässt. Gemäß § 1 des Arbeitsvertrags sollte der Kläger als überbetrieblicher Mitarbeiter bei Kunden von A eingesetzt werden, ohne dass dadurch ein Vertragsverhältnis zu dem jeweiligen Kunden begründet werden sollte. Die Arbeitsleistung war bei verschiedenen Kunden von A und an verschiedenen Einsatzorten in der Regel im Gebiet X und der umliegenden Bundesländer zu erbringen. Der Kläger erklärte sich einverstanden, in Einzelfällen auch im gesamten Bundesgebiet eingesetzt zu werden.

Eingesetzt war der Kläger im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses zu A ab Vertragsbeginn ausschließlich bei B. Die Arbeitnehmerüberlassung des Klägers war nach den zwischen B (Entleiher) und A (Verleiher) geschlossenen Vereinbarungen jeweils befristet. Der weitere Einsatz des Klägers bei B war danach davon abhängig, dass B nach Ablauf der jeweiligen Frist mit A eine weitere (befristete) Arbeitnehmerüberlassung begründete, was bis über das Streitjahr hinaus stets geschehen ist.

Im Streitjahr selbst war der Kläger ausweislich einer Bescheinigung von A für die Zeit vom 01. Januar 2014 bis zum 30. September 2014 und danach vom 01. Oktober 2014 bis zum 31. Dezember 2014 bei B im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung befristet eingesetzt.

In der Einkommensteuererklärung machte der Kläger für seine Fahrten mit seinem privaten PKW von seiner Wohnung zu B Fahrtkosten nach Dienstreisegrundsätzen als Werbungskosten geltend.

Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid nur Fahrtkosten unter Zugrundelegung der Entfernungspauschale.

Die Klage vor dem Niedersächsischen Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Im Fall einer Arbeitnehmerüberlassung nach dem AÜG ist (lohnsteuerrechtlicher) Arbeitgeber der Verleiher.

Maßgebliches Arbeitsverhältnis für die Frage, ob der Arbeitnehmer einer betrieblichen Einrichtung i.S. des § 9 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 EStG dauerhaft zugeordnet ist, ist das zwischen dem Arbeitgeber (Verleiher) und dem (Leih-) Arbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis.

Besteht der Einsatz des Arbeitnehmers bei dem Entleiher in wiederholten, aber befristeten Einsätzen, fehlt es an einer dauerhaften Zuordnung i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG.

Von einer dauerhaften Zuordnung ist ausweislich der in § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG aufgeführten Regelbeispiele insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.

Nach den bindenden Feststellungen des Finanzgerichts hat A indes bescheinigt, den Kläger im Streitjahr zunächst für die Zeit vom 01. Januar 2014 bis zum 30. September 2014 und danach vom 01. Oktober 2014 bis zum 31. Dezember 2014 jeweils "befristet" bei B eingesetzt zu haben.

Diese Feststellungen widersprechen der Würdigung des Finanzgerichts, der Einsatz des Klägers bei B sei ex ante so gestaltet gewesen, dass der Kläger "bis auf Weiteres, also nicht befristet bei ... [B] eingesetzt werden sollte".

Vielmehr ist aufgrund der durch den lohnsteuerrechtlichen Arbeitgeber A ausdrücklich als "befristet" bezeichneten Einsätze des Klägers bei B unter den im Streitfall gegebenen Umständen eine ebenfalls nur befristete Zuordnung des Klägers zu der betrieblichen Einrichtung des B anzunehmen.

Der in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis beschäftigte Kläger war der betrieblichen Einrichtung bei B durch seinen Arbeitgeber A damit weder unbefristet noch für die Dauer seines Beschäftigungsverhältnisses i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3, 1. und 2. Alternative EStG zugeordnet.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 12. Mai 2022 (VI R 32/20), veröffentlicht am 06. Oktober 2022.

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