Grenzen der Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung

Erteilt ein Unternehmer in der Annahme einer Leistungserbringung im Ausland eine Ausgangsrechnung ohne inländischen Steuerausweis, kann er diese nicht in der Weise berichtigen, dass dem späteren Ausweis inländischer Umsatzsteuer Rückwirkung für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers zukommt. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin, die nach ihrer Umsatztätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wurde am 20. August 1999 als Kapitalgesellschaft nach luxemburgischen Recht gegründet. Im Jahre 2016 wurde die Klägerin in die F-GmbH umgewandelt. Dabei wurde der Gesellschaftssitz in das Inland verlegt und die ursprünglich im Großherzogtum Luxemburg (Luxemburg) eingetragene Gesellschaft gelöscht.

Die Klägerin gehört zur Unternehmensgruppe der X, ohne dass eine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Jahr 2012 (Streitjahr) geltenden Fassung (UStG) vorliegt. Sie bezog von anderen Unternehmen dieser Unternehmensgruppe sonstige Leistungen. Dabei handelte es sich im Einzelnen um Fahrzeugreparaturen, Fahrzeugvermietungen und sonstige Speditionsleistungen (Spedition-GmbH), Fahrzeugvermietungen (Transport-GmbH) und um Fahrzeugreinigung und -wäsche (HT-GmbH).

Aufgrund des statutarischen Unternehmenssitzes der Klägerin im Ausland und in der Annahme, dass sich der Ort der vorstehenden Leistungen nach § 3a Abs. 2 UStG bestimme, wurden die einzelnen Leistungen dieser Gesellschaften an die Klägerin jeweils ohne Ausweis von Umsatzsteuer abgerechnet. Dabei enthielten die Rechnungen der Spedition-GmbH und der Transport-GmbH die Angabe "Mehrwertsteuer 0 % mit Ausweis 0 €", während die Abrechnungen der HT-GmbH als "steuerfrei" unter Anführung eines Gesamtbetrags und der Angabe "Steuerschuld verlagert - reverse charge" erfolgten.

Im Anschluss an eine für die Jahre 2008 bis 2011 durchgeführte Außenprüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass sich der Ort der Geschäftsleitung der Klägerin nicht in Luxemburg, sondern im Inland befunden habe. Die Klägerin sei daher im Inland ansässig. Auf den statutarischen Sitz der Gesellschaft in Luxemburg komme es nicht an. Die an die Klägerin erbrachten Leistungen seien daher steuerpflichtige Inlandsleistungen. Dem schloss sich die Klägerin an.

Die Spedition-GmbH, die Transport-GmbH und die HT-GmbH erteilten daraufhin am 26. August 2016 berichtigte Rechnungen mit Steuerausweis. Die Klägerin machte den Vorsteuerabzug rückwirkend für das Jahr 2012 geltend, was das Finanzamt jedoch ablehnte.

Die Klage vor dem Niedersächsischen Finanzgericht hatte Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Die Klägerin ist aus den im Streitjahr erteilten Rechnungen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, da mit diesen nach den Vorstellungen der Leistenden und der Klägerin als Leistungsempfängerin im übrigen Gemeinschaftsgebiet erbrachte Leistungen abgerechnet werden sollten, so dass bereits nach dem Willen der Beteiligten kein inländischer Steuerausweis und keine inländische Steuerschuldnerschaft der Klägerin vorliegen sollte.

Entgegen dem Urteil des Finanzgerichts ist die Klägerin auch nicht aufgrund der in 2016 durch die Leistenden vorgenommenen Berichtigungen der im Streitjahr erteilten Rechnungen zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Für die Berichtigungsfähigkeit einer ursprünglich erteilten Rechnung verlangt der BFH, dass diese Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält (BFH-Urteile vom 20. Oktober 2016, V R 26/15, BStBl II 2020, 593; vom 22. Januar 2020, XI R 10/17, BStBl II 2020, 601, Rz 17).

Hieran hält der Senat jedenfalls nach den Verhältnissen des Streitfalls weiter fest, so dass eine Rechnung, die nicht über eine inländische Leistung abrechnen sollte und daher keinen inländischen Steuerausweis enthält, nicht mit Rückwirkung berichtigungsfähig ist

Erteilt ein Unternehmer in der Annahme einer Leistungserbringung im Ausland eine Ausgangsrechnung ohne inländischen Steuerausweis, kann er diese nicht in der Weise berichtigen, dass dem späteren Ausweis inländischer Umsatzsteuer Rückwirkung für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers zukommt.

So ist es jedenfalls dann, wenn der Leistungsempfänger im Jahr der Rechnungserteilung nicht im Inland steuerrechtlich registriert ist.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 07. Juli 2022 (V R 33/20), veröffentlicht am 20. Oktober 2022.

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.


Zum Anfang