Zur Rückstellungsbildung für Verpflichtungen aus einem Kundenkartenprogramm
Verpflichtet sich ein Handelsunternehmen gegenüber den an seinem Kundenkartenprogramm teilnehmenden Kunden, diesen im Rahmen eines Warenkaufs in Abhängigkeit von der Höhe des Warenkaufpreises Bonuspunkte bzw. Gutscheine zu gewähren, die der Karteninhaber innerhalb des Gültigkeitszeitraums bei einem weiteren Warenkauf als Zahlungsmittel einsetzen kann, ist für die am Bilanzstichtag noch nicht eingelösten Bonuspunkte bzw. Gutscheine eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, wenn wahrscheinlich ist, dass die Verbindlichkeit entsteht und dass das Unternehmen in Anspruch genommen werden wird. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Streitig ist die Passivierung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten wegen Verpflichtungen der Klägerin aus einem Kundenkartenprogramm in der Bilanz zum 31. Dezember 2010.
Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Einlösungsverpflichtung aus dem Bonuspunktesystem bei der Klägerin zum Bilanzstichtag weder eine zu passivierende Verbindlichkeit begründe, noch eine ungewisse Verbindlichkeit, die in Form einer Rückstellung gewinnmindernd Berücksichtigung finden könne. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.
Im nachfolgenden Klageverfahren verfolgte die Klägerin ihr Begehren dem Grunde nach weiter, stellte aber unstreitig, dass die Finanzverwaltung die Höhe der bisher gebildeten Bonuspunkterückstellung zu Recht als unzutreffend angesehen habe. Für das Streitjahr sei lediglich eine Rückstellung in Höhe von 1.607.212 € anzuerkennen. Die hierzu von der Klägerin vorgelegte Berechnung ergab allerdings einen Betrag von gerundet 1.607.122 €.
Das Finanzgericht Nürnberg gab der Klage nahezu vollumfänglich statt. Nur insoweit, als die Berechnung der Rückstellungshöhe von 1.607.122 € hinter dem dem Klageantrag zugrundeliegenden Rückstellungsbetrag von 1.607.212 € zurückblieb, war die Klage ohne Erfolg.
Entscheidung des BFH
Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klage, mit der die Klägerin eine Minderung des laufenden Gesamthandsgewinns um 1.607.212 € begehrt hat, ist in vollem Umfang zulässig, obwohl die Klägerin zunächst einen Antrag angekündigt hat, der auf die Herabsetzung des Gesamthandsgewinns um lediglich 412.148,45 € gerichtet war.
Bei einer Klage gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid ist eine betragsmäßige Erweiterung des Klagebegehrens in Bezug auf eine angegriffene Feststellung nicht als Klageänderung i.S. des § 67 FGO, sondern als grundsätzlich zulässige Klageerweiterung anzusehen, es sei denn, der Kläger hat eindeutig zu erkennen gegeben, dass er von einem weitergehenden Klagebegehren absieht.
Das Finanzgericht hat ebenfalls zutreffend erkannt, dass die Klägerin in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2010 keine Verbindlichkeit aus der Gewährung von am Bilanzstichtag noch nicht eingelösten Bonuspunkten bzw. Gutscheinen ausweisen konnte (hierzu unter a), wohl aber eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten in Höhe von 1.607.122 € bilden musste.
Verpflichtet sich ein Handelsunternehmen gegenüber den an seinem Kundenkartenprogramm teilnehmenden Kunden, diesen im Rahmen eines Warenkaufs in Abhängigkeit von der Höhe des Warenkaufpreises Bonuspunkte bzw. Gutscheine zu gewähren, die der Karteninhaber innerhalb des Gültigkeitszeitraums bei einem weiteren Warenkauf als Zahlungsmittel einsetzen kann, ist für die am Bilanzstichtag noch nicht eingelösten Bonuspunkte bzw. Gutscheine eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, wenn wahrscheinlich ist, dass die Verbindlichkeit entsteht und dass das Unternehmen in Anspruch genommen werden wird.
Der Bildung einer entsprechenden Rückstellung steht ‑wie das Finanzgericht zutreffend entschieden hat‑ das Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG nicht entgegen. Die Anrechnungsverpflichtung der Klägerin stellt keine Verpflichtung im Sinne dieser Regelung dar.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 29. September 2022 (IV R 20/19), veröffentlicht am 08. Dezember 2022.