EuGH: Dreiecksgeschäfte und rückwirkende Rechnungsberichtigung

In einem österreichischen Fall sollte der EuGH klären, ob der Enderwerber in einem Dreiecksgeschäft wirksam als Schuldner der Mehrwertsteuer bestimmt wird, wenn der Zusatz „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ in der Rechnung fehlt und zweitens, ob dies später durch den Hinweis berichtigt werden kann, dass diese Rechnung ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft betrifft und die Steuerschuld auf den Empfänger der Lieferung übergeht. In seinem Urteil hat das Gericht die beiden relevanten Vorlagefragen verneint.

Hintergrund

Konkret geht es in dem Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofs (Österreich) um den Umgang mit einem speziellen grenzüberschreitenden Reihengeschäft zwischen drei Personen, der aufgrund eines „Formfehlers“ in der Rechnung für das mittlere österreichische Unternehmen (Luxury Trust Automobil GmbH; die Klägerin) ggf. nachteilige Folgen haben kann. Darüber hinaus möchte das vorlegende Gericht wissen, wie eine berichtigte Rechnung lauten müsse bzw. nach welchen Rechnungsvorschriften welchen Mitgliedstaates (Bestimmungsland oder Land der vom Leistenden verwendeten Identifikationsnummer) dies zu erfolgen habe.

Mehr zu dem Vorlagefall, den Schlussanträgen und warum der BFH drei anhängige Finanzgerichtsentscheidungen bis zum Ergehen dieses Urteils ausgesetzt hat finden Sie in unserem Blogbeitrag vom 15. Juli 2022.

Entscheidung des EuGH zu den einzelnen Vorlagefragen

Mit seiner ersten Frage sollte geklärt werden, ob der Enderwerber im Rahmen eines Dreiecksgeschäfts wirksam als Schuldner der Mehrwertsteuer bestimmt wird, wenn die vom Zwischenerwerber ausgestellte Rechnung nicht die Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ enthält.

Dies verneint der EuGH und führt aus, dass der Enderwerber im Rahmen eines Dreiecksgeschäfts nicht wirksam als Schuldner der Mehrwertsteuer bestimmt worden ist, wenn die vom Zwischenerwerber ausgestellte Rechnung nicht die Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ gemäß Art. 226 Nr. 11a der MwStRL enthält. Sinn und Zweck der nach Art. 226 MwStRL notwendigen Rechnungsangaben bestehe darin, den Rechnungsadressaten über die rechtliche Bewertung des Umsatzes des Rechnungsausstellers zu informieren. Dieser Zweck greift umso mehr, wenn der Rechnungsaussteller der Ansicht ist, dass ausnahmsweise nicht er, sondern der Empfänger der Lieferung die Mehrwertsteuer schuldet.

Mit seiner zweiten Frage wollte das vorlegende Gericht wissen, ob im Hinblick auf Art. 226 Nr. 11a MwStRL das Weglassen der nach dieser Bestimmung erforderlichen Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ auf einer Rechnung später durch Ergänzung eines Hinweises darauf berichtigt werden kann, dass diese Rechnung ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft betrifft und dass die Steuerschuld auf den Empfänger der Lieferung übergeht.

Auch dies verneint der EuGH und weist darauf hin, dass das Grundprinzip der Neutralität der Mehrwertsteuer verlangt, dass der Vorsteuerabzug oder die Erstattung der Vorsteuer gewährt wird, auch wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt hat, doch gilt dies nur unter der Voraussetzung, dass die materiellen Anforderungen im Übrigen erfüllt wurden.

Folglich, so der EuGH, könne von einer Berichtigung der Rechnung nicht die Rede sein, wenn eine Voraussetzung für die Anwendung der für Dreiecksgeschäfte geltenden Ausnahmeregelung wie die nach Art. 226 Nr. 11a MwStRL erforderliche Angabe fehlt. Das nachträgliche Erfüllen einer für die Steuerschuldverlagerung auf den Empfänger einer Lieferung notwendigen Tatbestandsvoraussetzung ist keine Korrektur. Es handelt sich um die erstmalige Ausstellung der erforderlichen Rechnung

Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 219a MwStRL dahin auszulegen ist, dass die Vorschriften über die Rechnungsstellung des Mitgliedstaats des Zwischenerwerbers oder jene des Mitgliedstaats des Enderwerbers anzuwenden sind.

Hierzu merkt der EuGH an, dass die Antwort auf die dritte Frage im Hinblick auf die Antwort zu den beiden ersten Fragen keine Auswirkung auf den Ausgang des Ausgangsrechtsstreits hat. Da auf den fraglichen Rechnungen die Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ fehlt, ist die Bestimmung des Enderwerbers zum Schuldner der Mehrwertsteuer nämlich nicht wirksam erfolgt. Der Zwischenerwerber ist daher in dem Mitgliedstaat als Schuldner dieser Steuer anzusehen, der ihm die Identifikationsnummer erteilt hat, die er für den fraglichen innergemeinschaftlichen Erwerb verwendet hat.

Fundstelle

EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 (C-247/21), Luxury Trust Automobil.

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