Zurechnung der Einkünfte bei Quotennießbrauch an einem Gesellschaftsanteil

Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs erzielt ein Quotennießbraucher an einem Gesellschaftsanteil nur dann die auf den Anteil entfallenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn die vertraglichen Regelungen über die Bestellung des Quotennießbrauchs sicherstellen, dass der Gesellschafter die Entscheidungen - und zwar auch solche, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen - nicht allein und/oder gegen den Willen des Quotennießbrauchers treffen kann.

1. Sachverhalt und Ausgangslage

Der Kläger ist an der Beigeladenen zu 1., der ABC-GbR zu 1/6 beteiligt. Der Kläger räumte seinem volljährigen Sohn, dem Beigeladenen zu 2., an seinem Gesellschaftsanteil an der Beigeladenen zu 1. schenkweise einen auf 4 Jahre befristeten Nießbrauch mit einer Quote von 50 % ein. Die maßgebenden vertraglichen Bestimmungen sind, soweit für die Entscheidungsfindung relevant, im Zuge der richterlichen Begründung (siehe nachfolgend unter 3.) dargelegt.

2. Nach der Klageabweisung des Finanzgerichts standen sich vor dem BFH die beiden Parteien mit folgenden Argumenten gegenüber:

Das Finanzamt ist der Auffassung, der Beigeladene zu 2. habe als Quotennießbraucher keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Er habe keine dem Gesellschafter angenäherte Stellung, da ihm die erforderlichen Mitverwaltungsrechte fehlten.

Nach Ansicht des Klägers sei aufgrund des wirksam begründeten Quotennießbrauchs die auf ihn als Gesellschafter entfallenden Ergebnisanteile zu 50 % steuerrechtlich nicht ihm, sondern dem Beigeladenen zu 2. persönlich zuzurechnen.

3. Entscheidung des BFH

Dem Kläger sind die Einkünfte aus der GbR in voller Höhe als Gesellschafter persönlich zuzurechnen. Daran ändert der zugunsten seines Sohnes bestellte Quotennießbrauch nichts. Die Zurechnung setzt nach der BFH-Rechtsprechung voraus, dass kraft des Nießbrauchs eine Stellung eingeräumt wird, die der eines Gesellschafters im Wesentlichen entspricht. Erforderlich ist insoweit, dass dem Nießbraucher zusätzlich weitere Rechte (insbesondere Stimmrechte) eingeräumt werden, die seine Rechtsstellung der eines Gesellschafters hinreichend annähern.

Die persönliche Zurechnung der Einkünfte zum Nießbraucher scheitert im Streitfall zwar nicht daran, so der BFH, dass er im Außenverhältnis nicht als Vermieter in Erscheinung getreten ist. Darauf kommt es schon deshalb nicht an, weil der Gesellschafter nicht mehr Rechte übertragen (einräumen) kann, als ihm selbst zustehen.

Konkret fehle es im Streitfall jedoch an der Berechtigung des Quotennießbrauchers, auch in Bezug auf die Grundlagengeschäfte der Gesellschaft mitzuwirken. Nach der Vertragslage sollten die Stimmrechte in laufenden Angelegenheiten der Gesellschaft gemeinschaftlich ausgeübt werden. Bei einem Dissens musste sich der Gesellschafter der Stimme enthalten. Bei Fragen, welche die Grundlage der Gesellschaft oder den Kernbereich der Mitwirkungsrechte (z.B. Änderung der Gewinnbeteiligung oder des Auseinandersetzungsguthabens) betreffen, sollte dagegen das Stimmrecht unter Beachtung des Zustimmungsvorbehalts gemäß § 1071 BGB allein vom Gesellschafter ausgeübt werden. Jedenfalls die letztgenannte Klausel vermittelt dem Nießbraucher keine Position, die ihn in die Lage versetzt, anstelle des Gesellschafters die diesem in der Gesellschaft zustehenden wesentlichen Mitbestimmungsrechte effektiv ausüben (und ihn gegebenenfalls bei der Stimmabgabe zur Enthaltung zu zwingen), so dass die (dem Quotennießbrauch anteilig unterfallenden) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht mehr dem Gesellschafter, sondern ihm zugerechnet werden könnten. Nach der Einschätzung des BFH haben die Vertragspartner damit vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass es nach ihrer Vorstellung Entscheidungen - jenseits des Anwendungsbereichs des § 1071 Abs. 2 BGB - geben könne, bei denen der Gesellschafter ohne Rücksicht auf den Nießbraucher allein mitwirken sollte.

Es bedarf insoweit keiner Entscheidung, ob eine Klausel, die den Beigeladenen zu 2. zwar nicht bei den Grundlagengeschäften, wohl aber im "Kernbereich der gesellschafterlichen Mitwirkungspflichten" oder in "Angelegenheiten, die unentziehbare Rechte einer Minderheit" betreffen von der Mitwirkung ausgeschlossen hätte, den Voraussetzungen einer Zurechnung von Einkünften beim Quotennießbraucher genügt hätte. Denn im Streitfall betrifft der Ausschluss sämtliche Grundlagengeschäfte.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 15. November 2022 (IX R 4/20), veröffentlicht am 9. Februar 2023.

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