Rücktrag von Verlusten des Veranlagungszeitraums des Anteilseigner-Wechsels
Das Finanzgericht Köln hat sich in einem aktuellen Urteil dem Finanzgericht Münster (Urteil 9 K 2794/15 K, F vom 21. Juli 2016) angeschlossen und entschieden, dass ein im Veranlagungszeitraum des schädlichen Beteiligungserwerbs in einem (Rumpf-)Wirtschaftsjahres, das schon vor dem Beteiligungserwerb beendet war, entstandener Verlust in den vorangegangenen Veranlagungszeitraum zurückgetragen werden kann.
Sachverhalt
Klägerin ist eine GmbH, die am 17. Oktober 2018 Geschäftsanteile an der E-GmbH erwarb. Die Anteile machten 23% des Stammkapitals der E-GmbH aus. Die übrigen 77% wurden von der E-GmbH selbst gehalten.
Mit Vertrag vom 31. Oktober 2018 wurde die E-GmbH rückwirkend auf den 30. September 2018 (steuerlicher Übertragungsstichtag i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG) auf die Klägerin verschmolzen. Die E-GmbH bildete folglich im VZ 2018 ein Rumpfwirtschaftsjahr vom 1.1. bis 30.9.
Die Klägerin beantragte (in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin der E-GmbH) am 3. Dezember 2019 den Rücktrag des in dem Rumpf-Wirtschaftsjahr entstandenen Verlusts in den Veranlagungszeitraum 2017 gem. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG und die entsprechende Änderung des Körperschaftsteuerbescheids 2017 gem. § 164 Abs. 2 AO.
Das Finanzamt lehnte den Rücktrag ab und berief sich auf die Tz. 31 des BMF-Schreibens zu § 8c KStG vom 28. November 2017 (BStBl. I 2017, 1645).
Richterliche Entscheidung
Das Finanzgericht Köln hat der Klage stattgegeben.
Die Verschmelzung der E-GmbH auf die Klägerin mit steuerlicher Wirkung zum Ende des Rumpfwirtschaftsjahres (30. September 2018) habe nicht zur Folge, dass umwandlungssteuerrechtliche Vorschriften den Verlustrücktrag in den Veranlagungszeitraum 2017 ausschlössen. Weder § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG noch § 2 Abs. 4 Satz 1 oder § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwStG seien taugliche Rechtsgrundlagen, um einen Verlustrücktrag auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers (hier: der E-GmbH) einzuschränken oder auszuschließen.
Auch § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG schließe den Verlustrücktrag nicht aus. Zwar stelle der Anteilseignerwechsel vom 17. Oktober 2018 einen schädlichen Beteiligungserwerb im Sinne der Vorschrift dar. Eigene Anteile seien von der in der Vorschrift genannten Bezugsgröße ("mehr als 50 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, der Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft") abzuziehen, so dass maßgeblich sei, dass die Klägerin durch den Beteiligungserwerb zur alleinigen (Fremd-)Gesellschafterin der E-GmbH geworden sei (vgl. in diesem Sinne Suchanek in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 307. Erg.-Lfg. November 2021, § 8c KStG Rn. 23).
Jedoch sei es nicht die Rechtsfolge des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG, den Verlustrücktrag auszuschließen. Denn Sinn und Zweck der Vorschrift sei es, wie das Finanzgericht Münster in seinem Urteil 9 K 2794/15 K, F zutreffend entschieden habe, das wirtschaftliche Engagement des alten Anteilseigners von demjenigen des neuen Anteilseigners zu trennen, weshalb § 8c KStG nicht den Rücktrag in einen Veranlagungszeitraum ausschließe, in dem noch der alte Anteilseigner beteiligt gewesen sei.
Fundstelle
Finanzgericht Köln, Urteil vom 8. Dezember 2022 (13 K 198/20); die Revision ist beim BFH unter dem Az.: I R 1/23 anhängig.