Update: Steuerliches Einlagekonto: Keine Anfechtungsbefugnis des Gesellschafters

Der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft kann den Bescheid über den Bestand des steuerlichen Einlagekontos nicht anfechten. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Hintergrund

§ 27 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) schreibt vor, dass der Bestand des steuerlichen Einlagekontos mit einem besonderen Bescheid festzuschreiben ist. Auf dem Konto sind insbesondere die Einlagen zu erfassen, die der Gesellschafter an „seine“ Kapitalgesellschaft geleistet hat. Werden solche Einlagen später an den Gesellschafter aus dem Einlagekonto zurückgezahlt, dann muss der Gesellschafter diese sog. Einlagenrückgewähr nicht versteuern. Obgleich der Bescheid im Sinne des § 27 Abs. 2 KStG somit im Wesentlichen Bedeutung für die Besteuerung des Gesellschafters hat, richtet sich der Bescheid ausschließlich an die Kapitalgesellschaft.

Sachverhalt

Im Streitfall war die Klägerin, eine ausländische Kapitalgesellschaft, an einer inländischen GmbH beteiligt; sie hatte im Jahr 2007 eine hohe Einlage geleistet. Dies war irrtümlich nicht deklariert worden und der entsprechende Bescheid wurde bestandskräftig.

Erst im Jahr 2018 legte die Klägerin Einspruch mit der Begründung ein, dass ohne Erfassung ihrer Einlage im Bescheid eine spätere steuerfreie Einlagenrückgewähr nicht möglich sei. Weder dieser Einspruch noch die nachfolgende Klage waren erfolgreich.

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein entschied, dass alleine die GmbH als Adressatin des Bescheids das Recht habe, diesen anzufechten (siehe unseren Blogbeitrag).

Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigte diese Auffassung.

Grundsätzlich kann ein Bescheid nur von den Adressaten angefochten werden. Das ist im Fall des Bescheids gemäß § 27 Abs. 2 KStG die Kapitalgesellschaft und allein sie kann deshalb Einspruch einlegen und Klage erheben. Der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist nicht Adressat, sondern als Dritter lediglich mittelbar von dem Bescheid betroffen.

Ein eigenes Anfechtungsrecht des Gesellschafters (sog. Drittanfechtungsrecht) ist auch nicht ausnahmsweise anzuerkennen. Zum einen besteht keine Rechtsschutzlücke, da die Kapitalgesellschaft Fehler des Bescheids im Rechtsbehelfsverfahren geltend machen kann. Zum anderen hätte ein solches Recht zur Folge, dass der Bescheid noch nach vielen Jahren vom Gesellschafter angefochten werden könnte und dauerhaft kein Rechtsfrieden eintreten würde.

Die Versagung eines eigenen Anfechtungsrechts des Gesellschafters ist auch mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes vereinbar.

Update (24. Juli 2023)

Beim BVerfG ist gegen das Urteil des BFH vom 21. Dezember 2022 (I R 53/19), wonach ein Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft nicht befugt ist, den gegen die Kapitalgesellschaft ergangenen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos anzufechten, unter dem Az. 1 BvR 1060/23 Verfassungsbeschwerde anhängig. Nach Auffassung des BFH gebietet die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG keine Zuerkennung eines Drittanfechtungsrechts des Anteilseigners.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 21. Dezember 2022 (I R 53/19), veröffentlicht am 9. März 2023, vgl. die Pressemitteilung 017/23.

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