Update: Übergang eines Gewerbeverlusts/Verlusts i.S.d. § 15a Abs. 4 EStG bei Anwachsung eines gewerblichen Unternehmens einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft

Das Finanzgericht München hat entschieden, dass nach einer Anwachsung eines gewerblichen Unternehmens einer Personengesellschaft auf eine Kommanditistin in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft nicht nur der für diese Mitunternehmerin festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust, sondern auch der festgestellte verrechenbare Verlust nach § 15a EStG übergeht und in dem der Anwachsung folgenden Erhebungs- bzw. Veranlagungszeitraum vom maßgebenden Gewerbeetrag bzw. vom Gesamtbetrag der Einkünfte der aufnehmenden Kapitalgesellschaft abgezogen werden kann.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, die bis zum 30. Dezember 2011 als Kommanditistin zu 100% am Kapital einer GmbH & Co. KG (KG) beteiligt war. An diesem Tag trat die - nicht am Kapital beteiligte - Komplementär-GmbH aus der KG aus, so dass das Betriebsvermögen der KG der Klägerin anwuchs (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB).

Das Finanzamt lehnte nach einer Betriebsprüfung sowohl den Abzug des zum 31. Dezember 2011 für die Klägerin festgestellten verrechenbaren Verlusts i.S.d. § 15a Abs. 4 EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte für den körperschaftsteuerrechtlichen Veranlagungszeitraum (VZ) 2012 als auch den Abzug des zum 31. Dezember 2011 für die Klägerin festgestellten vortragsfähigen Fehlbetrags i.S.d. § 10a Satz 7 GewStG vom maßgebenden Gewerbeetrag des Erhebungszeitraums 2012 ab. Der verrechenbare Verlust könne, so das Finanzamt, nur von Gewinnen des aufgenommenen Betriebs abgezogen werden. Die Klägerin habe den aufgenommenen Betrieb im VZ 2012 jedoch eingestellt. Wegen der Betriebseinstellung fehle es auch an der Unternehmensidentität, die gewerbesteuerrechtlich Voraussetzung für den Verlustabzug im Erhebungszeitraum 2012 sei.

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht München hat entschieden, dass die Klägerin den Abzug des für sie bei der KG auf den 31. Dezember 2011 nach § 15a Abs. 4 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) gesondert festgestellten verrechenbaren Verlusts vom Gesamtbetrag der Einkünfte für den VZ 2012 verlangen kann.

Die Anwachsung bewirkt nach Ansicht des Finanzgericht zwar keine Umqualifizierung des verrechenbaren in einen ausgleichsfähigen Verlust. Jedoch hat die GmbH (Klägerin) nach § 8 Abs. 2 KStG nur einen Gewerbebetrieb, so dass eine Verrechnung mit Gewinnen aus anderen Quellen als dem angewachsenen Betriebsvermögen der KG möglich ist. Ob der von der KG aufgenommene Betrieb eingestellt wurde, ist irrelevant.

Verfahrensrechtlich erfolgt der Verlustabzug im VZ 2012, weil das für die Veranlagung der KG zuständige FA den verrechenbaren Verlust in einem bestandskräftigen Bescheid auf den 31. Dezember 2011 festgestellt hat, obwohl das Wirtschaftsjahr der KG bereits mit der Anwachsung am 30. Dezember 2011 endete. Die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids (§ 182 Abs. 1 Satz 1 AO) bewirkt, dass der Verlustabzug erst im VZ 2012 stattfinden kann.

Darüber hinaus hat das Finanzgericht entschieden, dass die Klägerin auch den Abzug des für sie bei der KG zum Ende des Erhebungszeitraums 2011 nach § 10a Satz 6 Gewerbesteuergesetz (GewStG) gesondert festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlusts von ihrem maßgebenden Gewerbeertrag des Erhebungszeitraums 2012 verlangen kann.

Ähnlich wie das Sächsische Finanzgericht im Urteil 5 K 114/19 geht das Finanzgericht München davon aus, dass der Verlustabzug bei der aufnehmenden Klägerin nicht voraussetzt, dass diese den aufgenommenen (ehemaligen) Gewerbebetrieb der KG fortführt. Als Kapitalgesellschaft habe die Klägerin gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG nur einen Gewerbebetrieb. Und dieser werde nur dann in einer für den Verlustabzug schädlichen Weise aufgegeben oder veräußert im Sinne der BFH-Rechtsprechung zur Unternehmensidentität, wenn die Klägerin ihren gesamten Gewerbebetrieb aufgebe oder veräußere. Das sei im Erhebungszeitraum 2012 nicht geschehen, so dass der Klägerin der Verlustabzug zu gewähren sei.

Das Finanzgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), über die Einlegung ist noch nichts bekannt.

Update (2. Mai 2023)

Die Revision gegen den Gerichtsbescheid 6 K 1787/19 des FG München ist beim BFH unter dem Az. XI R 2/23 anhängig.

Fundstelle

Finanzgericht München, Gerichtsbescheid vom 25. Januar 2023 (6 K 1787/19); die Revision ist beim BFH unter dem Az. XI R 2/23 anhängig.

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