Bewertung eines GmbH-Anteils mit stark disquotal ausgestalteten Rechten

Bleiben die Gewinnbezugs- und Stimmrechte, mit denen ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft ausgestattet ist, erheblich hinter dem Anteil am Nominalkapital zurück, ist dies bei der Ermittlung des gemeinen Werts des Anteils regelmäßig wertmindernd zu berücksichtigen, sofern die Liquidation der Gesellschaft nicht konkret absehbar ist. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger übertrug seinen 89%-Anteil an einer GmbH schenkweise auf eine Stiftung und bewertete diese Spende mit dem anteiligen gemeinen Wert der gesamten Beteiligung. Die Beteiligung vermittelte aber nur ein Stimm- und Gewinnbezugsrecht von 1%.

Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht Münster lehnten die Bewertung nach dem gemeinen Wert ab. Die Bewertung sei nach § 9 BewG vorzunehmen. Dabei sei die Einschränkung der Gesellschafterrechte wertmindernd zu berücksichtigen.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Bleiben die Gewinnbezugs- und Stimmrechte, mit denen ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft ausgestattet ist, erheblich hinter dem Anteil am Nominalkapital zurück, ist dies bei der Ermittlung des gemeinen Werts des Anteils regelmäßig wertmindernd zu berücksichtigen, sofern die Liquidation der Gesellschaft nicht konkret absehbar ist.

Der Steuerpflichtige, der für eine Sachzuwendung einen höheren Wertansatz als den vom Finanzamt für zutreffend gehaltenen begehrt, trägt hierfür die Feststellungslast. Das Finanzamt trägt jedoch die Feststellungslast für die tatsächlichen Umstände, die zu einem Wegfall des Schutzes des Vertrauens in die Richtigkeit der Zuwendungsbestätigung führen.

Da eine Entscheidung nach den Regeln der Feststellungslast lediglich eine "ultima ratio" darstellt, ist zunächst der Sachverhalt aufzuklären, insbesondere der Beteiligte, aus dessen Sphäre die entscheidungserheblichen Tatsachen stammen, zur Mitwirkung aufzufordern. Sollten die Mitwirkungspflichten verletzt werden, ist vor einer Entscheidung nach den Regeln der Feststellungslast eine Reduzierung des Beweismaßes vorzunehmen.

Bei Anwendung der Vertrauensschutzregelung des § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG ist es dem Zuwendenden zuzurechnen, wenn Personen, die er in Ausweitung seines Risikobereichs in die Abwicklung der Zuwendung eingeschaltet hat, Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Unrichtigkeit der Zuwendungsbestätigung haben.

Die zulässige Erhebung einer Sprungklage setzt in einer Verpflichtungssituation voraus, dass die Behörde zuvor einen Antrag auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts durch Verwaltungsakt abgelehnt hat.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 16. November 2022 (X R 17/20), veröffentlicht am 16. März 2023.

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