Update: Einheitliche Auskunftserteilung bei mehreren inhaltsgleichen verbindlichen Auskünften

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass die Befugnis des Finanzamts, mehreren Antragstellern eine einheitliche verbindliche Auskunft zu erteilen, nicht auf diejenigen Fälle beschränkt ist, in denen gesetzlich eine gemeinsame Antragstellung zwingend vorgeschrieben ist.

Hintergrund

Streitig ist die Frage, ob wegen der Erteilung acht inhaltsgleicher verbindlicher Auskünfte in Bezug auf eine mehrstufige Umstrukturierungsmaßnahme acht Gebührenbescheide oder ein gemeinsamer Gebührenbescheid zu erlassen sind, bzw. ob die festgesetzten Gebühren betragsmäßig zu reduzieren sind.

Um eine Veräußerung der Gesellschaftsanteile an fremde Dritte zu verhindern, wollten die Klägerinnen und Kläger, ohne Aufdeckung stiller Reserven, eine neue GmbH errichten, in der die Gesellschaftsanteile der Klägerinnen und Kläger an der Holdinggesellschaft gebündelt und vinkuliert werden sollten. Hierzu wollten die Klägerinnen und Kläger ihre Anteile an der Holdinggesellschaft zunächst in eine neu zu gründende GmbH & Co. KG einlegen. Anschließend sollte ein Formwechsel der GmbH & Co. KG zur GmbH vollzogen werden.

Das Finanzamt ist der Auffassung, dass Gegenstand der verbindlichen Auskunft weder ein Sachverhalt der einheitlichen und gesonderten Feststellung i. S. des § 179 Abs. 2 Satz 2 Abgabenordnung (AO) gewesen sei, noch ein einheitlicher Vorgang i. S. des § 89 AO. Der im Rahmen des Umwandlungsvorgangs der KG in die GmbH möglicherweise entstehende Veräußerungsgewinn erfülle nicht den Tatbestand der gemeinschaftlichen Einkunftserzielung nach § 180 Abs.1 Satz1 Nr. 2a AO. Der Formwechsel sei anhand der Regelungen über die Sacheinbringung gem. § 20 Umwandlungssteuergesetz zu beurteilen. Hinsichtlich der Klägerinnen und Kläger lägen acht einzeln zu beurteilende Einbringungsvorgänge vor.

Entscheidung des Finanzgerichts

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Die Befugnis des Finanzamts, mehreren Antragstellern eine einheitliche verbindliche Auskunft zu erteilen, ist nicht auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen nach § 1 Abs. 2 Steuer-Auskunftsverordung (StAuskV) eine gemeinsame Antragstellung zwingend vorgeschrieben ist. Vielmehr kann die Behörde mehreren Antragstellern, die gemeinsam einen Antrag auf verbindliche Auskunft stellen, auch dann eine einheitliche Auskunft mit Bindungswirkung für alle Antragsteller erteilen, wenn kein Fall des § 1 Abs. 2 StAuskV vorliegt.

Falls das Finanzamt von seiner Befugnis Gebrauch macht, liegen nach der Auffassung des Finanzgerichts die Voraussetzungen des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO vor, so dass nur eine Gebühr für die einheitliche Auskunft erhoben werden darf, deren Gesamtschuldner die verschiedenen Antragsteller sind (so auch bereits der 13. Senat des Finanzgerichts Münster im Urteil 13 K 1563/20 vom 26. Juli 2022, dort unter I.2.b; die Revision ist anhängig beim BFH unter Az. I R 30/22).

Aus diesem Grund hat das Finanzgericht im Streitfall, in dem das Finanzamt gegen acht Antragsteller acht Gebührenbescheide jeweils über die Höchstgebühr erlassen hatte, die Bescheide alle aufgehoben, und das Finanzamt verpflichtet, einen einheitlichen (d.h. inhaltlich identischen) Gebührenbescheid gegen alle acht Antragsteller zu erlassen, in dem die Antragsteller als Gesamtschuldner bezeichnet werden.

Die Revision wurde zugelassen, über die Einlegung ist noch nichts bekannt.

Update (22. Mai 2023)

Die Revision gegen das Urteil 6 K 1330/20 AO des Finanzgerichts Münster ist beim BFH unter dem Az. IV R 6/23 anhängig.

Fundstelle

Finanzgericht Münster, Urteil vom 8.2.2023, 6 K 1330/20 AO.

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