Kein Sonderausgabenabzug für Vorsorgeaufwendungen bei Bezug von steuerfreiem Arbeitslohn aus einer Tätigkeit in einem Drittstaat

Bezieht ein Steuerpflichtiger für eine Tätigkeit in einem Drittstaat steuerfreien Arbeitslohn, sind hiermit im Zusammenhang stehende Vorsorgeaufwendungen (im Streitfall Beiträge zur gesetzlichen Renten- sowie Arbeitslosenversicherung) nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 1 EStG zur Vermeidung einer doppelten steuerlichen Berücksichtigung nicht als Sonderausgaben abziehbar. Das Verfassungsrecht verpflichtet den Gesetzgeber auch dann nicht, hiervon eine Ausnahme zu machen, wenn im Tätigkeitsstaat keine steuerliche Entlastung für die Aufwendungen gewährt wird. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger war im Streitjahr 2016 bei einem deutsch-chinesischen Joint Venture als Diplom-Kaufmann tätig, wobei er insgesamt 224 Arbeitstage in China verbrachte. Er erzielte insoweit Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit sowohl in Deutschland als auch in China. Von den erklärten Einkünften entfielen 12,28 % auf im Inland steuerpflichtige Einkünfte und die restlichen 87,72 % auf nach Art. 15 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und China vom 28. März 2014 im Inland steuerfreie Einkünfte. Zudem wurden Beiträge zur Renten- und zur Arbeitslosenversicherung für das gesamte Streitjahr als Sonderausgaben erklärt. Das Finanzamt ließ die in Zusammenhang mit den steuerfreien Einkünften stehenden Vorsorgeaufwendungen unberücksichtigt.

Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht Hamburg hatte keinen Erfolg (siehe unseren Blogbeitrag).

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a sowie Nr. 3a EStG grundsätzlich als Sonderausgaben zu berücksichtigenden Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie zur Versicherung gegen Arbeitslosigkeit im Umfang desjenigen Teils des Arbeitslohns, der im Streitjahr auf die Tätigkeit in China entfiel, dem Abzugsverbot nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 1 EStG unterliegen.

Der auf die Auslandstätigkeit entfallende Arbeitslohn wurde nach § 4 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch i.V.m. Art. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China über Sozialversicherung vom 12. Juli 2001 (BGBl II 2002, 82) in die Beitragsbemessung für die inländische Renten- sowie Arbeitslosenversicherung einbezogen, sodass ‑wie vom Finanzgericht dem Grunde und der Höhe nach zutreffend erkannt‑ ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang der Beiträge mit steuerfreien Einnahmen bestand.

Die Geltung des Abzugsverbots wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die künftigen Leistungen aus der Rentenversicherung als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG im Inland steuerpflichtig sind.

Im Hinblick auf das in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 1 EStG geregelte Erfordernis eines "unmittelbaren" wirtschaftlichen Zusammenhangs müssen die steuerfreien Einnahmen und die Vorsorgeaufwendungen durch dasselbe Ereignis veranlasst sein (u.a. BFH, Urteil vom 18. April 2012, X R 62/09, BStBl II 2012, 721, Rz 17; HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 305). Abzustellen ist somit allein auf die Einnahmen, aus denen die Vorsorgeaufwendungen stammen (BFH, Urteil vom 5. November 2019, X R 23/17, Rz 16).

Aus demselben Grund ist es unerheblich, dass einer etwaigen künftigen Zahlung von Arbeitslosengeld wegen des Progressionsvorbehalts gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG steuersatzerhöhende Wirkung zukäme.

Der teilweise Ausschluss des Sonderausgabenabzugs für Beiträge zur Versicherung gegen Arbeitslosigkeit gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG verletzt kein Verfassungsrecht. Auch der auf § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 1 EStG beruhende Ausschluss des Sonderausgabenabzugs für die erbrachten Altersvorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a EStG) ist mit verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 14. Dezember 2022 (X R 25/21), veröffentlicht am 27. April 2023.

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