Erweiterte Kürzung: Keine teleologische Reduktion im Fall von Sondervergütungen an nicht der Gewerbesteuer unterliegende Mitunternehmer
§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG ist auch dann anzuwenden, wenn der die Sondervergütung beziehende Gesellschafter nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Hintergrund
Aufgrund der so genannten erweiterten Kürzung unterliegen Erträge von Grundstücksunternehmen, soweit sie aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes resultieren, im Ergebnis nicht der Gewerbesteuer. Die erweiterte Kürzung gilt gemäß § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a Gewerbesteuergesetz (GewStG) nicht für bestimmte Sondervergütungen, die das Grundstücksunternehmen an seine Gesellschafter zahlt. Durch diesen Ausschluss sollen Gestaltungen verhindert werden, bei denen ein gewerbesteuerpflichtiger Dritter eine Gesellschafterstellung begründet, damit Zahlungen der Grundstücksgesellschaft an ihn in den Kürzungsumfang einbezogen werden.
Sachverhalt
Streitig ist, ob § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) auch dann anzuwenden ist, wenn der Empfänger der Sondervergütungen nicht der Gewerbesteuer unterliegt.
Klägerin des Verfahrens war eine grundstücksverwaltende GmbH & Co. KG. Im Streitjahr 2016 fielen bei ihr Aufwendungen für die Verzinsung von Darlehenskonten i.H.v. ca. 72.000 Euro an, die bei ihren Gesellschaftern als Sonderbetriebseinnahmen erfasst wurden. Diese Zinsaufwendungen entfielen i.H.v. ca. 66.000 Euro auf ihren Mehrheitskommanditisten, der nicht gewerbesteuerpflichtig war.
Das beklagte Finanzamt qualifizierte die Zinsen in voller Höhe als Vergütungen i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG und versagte insofern eine erweiterte Kürzung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Klägerin.
Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf hatte keinen Erfolg (siehe unseren Blogbeitrag).
Entscheidung des BFH
Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Ihr Betrieb unterliegt daher nach § 2 Abs. 1 GewStG unabhängig von der Art der ausgeübten Tätigkeit der Gewerbesteuer.
Ob § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG auch dann zur Anwendung gelangt, wenn der Vergütungsempfänger nicht der Gewerbesteuer unterliegt und § 9 Nr. 2 GewStG damit nicht zur Anwendung kommen kann, ist umstritten. Nach der wohl überwiegenden Literaturmeinung ist die Norm in diesem Fall aufgrund ihres überschießenden Charakters teleologisch zu reduzieren. Nach anderer Auffassung ist der Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG eindeutig und einer teleologischen Reduktion nicht zugänglich.
Der erkennende Senat hält § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG auch dann für einschlägig, wenn der Vergütungsempfänger nicht der Gewerbesteuer unterliegt.
Der Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a Satz 1 GewSt setzt allein "Vergütungen im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes" voraus, "die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern, mit Ausnahme der Überlassung von Grundbesitz, bezogen hat". Dass der Gesellschafter als Vergütungsempfänger der Gewerbesteuer unterliegt, verlangt die Norm nicht.
Auch Sinn und Zweck der Norm sowie historische Erwägungen rechtfertigen keine einschränkende Auslegung. Systematische Erwägungen, die für das gegenteilige Auslegungsergebnis sprechen, sind ebenfalls nicht ersichtlich.
Entgegen der Auffassung der Klägerin und der zuvor zitierten überwiegenden Literaturmeinung kann § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG in den Fällen, in denen der Vergütungsempfänger nicht der Gewerbesteuer unterliegt, auch nicht teleologisch reduziert werden.
In Anwendung dieser Grundsätze hat die Vorinstanz zu Recht entschieden, dass die Sondervergütungen nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG nicht der erweiterten Kürzung unterliegen.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 9. März 2023 (IV R 25/20), veröffentlicht am 27. April 2023.