vGA - Versorgungszahlung und Geschäftsführergehalt

Wird nach dem Eintritt des Versorgungsfalles neben der Versorgungsleistung bei voller Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer für diese Tätigkeit lediglich ein reduziertes Gehalt gezahlt, liegt nach der Maßgabe eines hypothetischen Fremdvergleichs dann keine gesellschaftliche Veranlassung vor, wenn die Gehaltszahlung die Differenz zwischen der Versorgungszahlung und den letzten Aktivbezügen nicht überschreitet (Fortentwicklung der bisherigen Senatsrechtsprechung). Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob die an den beherrschenden Gesellschafter einer GmbH gezahlte Altersversorgung bei Wiederaufnahme der Geschäftsführertätigkeit als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) einkommenserhöhend zu berücksichtigen ist.

Der Alleingesellschafter (K) der Klägerin, einer GmbH, war bis zum Jahr 2010 zu deren Geschäftsführer bestellt. Nach seiner Abberufung aus Altersgründen erhielt der Alleingesellschafter auf der Grundlage einer Pensionszusage von der Klägerin monatliche Pensionszahlungen. Im Jahr 2011 wurde der Alleingesellschafter erneut zum Geschäftsführer bestellt. Als Vergütung erhielt er monatliche Zahlungen, die weniger als 10 % seiner früheren Geschäftsführervergütung betrugen. Die Pension zahlte die Klägerin ebenfalls weiter.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Pensionszahlungen als vGA zu qualifizieren seien und änderte den Körperschaftsteuerbescheid entsprechend. Im Rahmen ihrer hiergegen erhobenen Klage machte die Klägerin u.a. geltend, dass die Wiedereinstellung ihres Gesellschafters als Geschäftsführer aus betrieblichen Gründen erfolgt sei. Die Tätigkeit seiner Nachfolgerin als Geschäftsführerin habe zu Konflikten mit den Auftraggebern geführt und es habe die Gefahr des Verlustes von Aufträgen bestanden.

Die Klage vor dem Finanzgericht Münster hatte Erfolg (siehe unseren Blogbeitrag).

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz bezgl. des Körperschaftsteuerbescheids 2015 angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht geht in der Vorentscheidung davon aus, dass die Voraussetzungen des formellen Fremdvergleichs erfüllt sind. An diese tatrichterliche Würdigung ist der BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden.

Darüber hinaus hält die Zahlung der Altersrente unter den besonderen Umständen des Streitfalls ‑auch für die Zeit nach Abschluss des neuen Geschäftsführeranstellungsvertrags‑ einem allgemeinen Fremdvergleich stand.

Nach der Rechtsprechung des Senats (BFH, Urteil vom 5. März 2008, I R 12/07, BStBl. II 2015, 409 sowie BFH, Urteil vom 23. Oktober 2013, I R 60/12, BStBl. II 2015, 413) verträgt sich die Fortführung des Arbeitsverhältnisses unter gleichzeitigem Bezug einer Versorgung einerseits und laufendem Geschäftsführergehalt andererseits nur bedingt mit den Anforderungen, die für das Handeln des gedachten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Kapitalgesellschaft maßgeblich sind.

Ein solcher Geschäftsleiter hätte verlangt, entweder das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung anzurechnen oder den vereinbarten Eintritt der Versorgungsfälligkeit - ggf. unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs - aufzuschieben, bis der Begünstigte endgültig seine Geschäftsführerfunktion beendet hat (Bestätigung der BFH-Urteile vom 5. März 2008, I R 12/07, BStBl. II 2015, 409, und vom 23. Oktober 2013, I R 60/12, BStBl. II 2015, 413).

Im Fall der Weiterbeschäftigung schließen sich deshalb wechselseitig uneingeschränkte Zahlungen von Versorgung und laufendem Gehalt aus der hierfür maßgeblichen Sicht des Leistenden grundsätzlich aus; die möglicherweise entgegenstehende Interessenlage des Begünstigten ist insoweit unbeachtlich.

Allerdings beziehen sich die vom BFH entwickelten Grundsätze erkennbar in erster Linie auf Fälle von wechselseitig "uneingeschränkten" Zahlungen von Versorgung und laufendem Gehalt. Wird für die Weiterbeschäftigung ‑wie im Streitfall‑ lediglich ein reduziertes Gehalt gezahlt, sind im Rahmen des hypothetischen Fremdvergleichs weitere Überlegungen erforderlich.

Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde zwar nicht gleichzeitig sowohl die volle Versorgung als auch ein volles Gehalt für die Tätigkeit (Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer) zahlen. Er würde aber auch nicht erwarten, dass ein "pensionierter" Geschäftsführer "umsonst" weiterarbeitet.

Vielmehr würde er grundsätzlich bereit sein, neben der Versorgung, die (nur) für die angemessene Versorgung im Ruhestand gezahlt wird, für die (zusätzlichen) Dienste aufgrund der fortgeführten oder wieder aufgenommenen Tätigkeit als Geschäftsführer ein Gehalt bis zur Höhe der Differenz zwischen der Versorgung und den letzten Aktivbezügen zu zahlen (gl.A. Otto, GmbH-Rundschau 2014, 617, 621; im Grundsatz übereinstimmend Brandis/Heuermann/Rengers, § 8 KStG Rz 744 [allerdings beschränkt auf diejenigen Fälle, in denen Versorgung und Gehalt in der Summe nicht mehr als 75 % der letzten Aktivbezüge betragen]). Der Versorgungscharakter der Versorgungszahlungen bleibt unter diesen Voraussetzungen grundsätzlich erhalten.

Allerdings kann eine Weiter- oder Folgebeschäftigung mit reduzierten Arbeitszeiten/Aufgabenbereichen dazu führen, dass die Differenz zwischen Versorgung und letzten Aktivbezügen nicht vollständig ausgeschöpft werden kann, ohne eine vGA auszulösen, vielmehr in diesem Fall eine anteilige Kürzung dieses ("unschädlichen") Betrags erforderlich ist.

Im Streitfall kann diese Frage einer möglichen "Kürzung" dahingestellt bleiben. Auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des Finanzgerichts (§ 118 Abs. 2 FGO) bestehen keine Anhaltspunkte für eine Reduzierung der Arbeitszeiten/Aufgabenbereiche des K, die eine Kürzung rechtfertigen, zumal er nach Abschluss des neuen Anstellungsvertrags wieder alleiniger Geschäftsführer war. Im Übrigen betrug die Summe von Versorgung und neuem Gehalt bei K lediglich 26 % seiner letzten Aktivbezüge. Damit ist die Differenz zwischen Versorgung und letzten Aktivbezügen, die grundsätzlich für die Zahlung eines Gehalts ohne vGA-Folgen zur Verfügung steht, bei Weitem nicht ausgeschöpft.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 15. März 2023 (I R 41/19), veröffentlicht am 9. Juni 2023.

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