Grunderwerbsteuer durch Anteilsvereinigung – Berücksichtigung eigener Anteile

Das Finanzgericht Münster hat sich in einem aktuellen Urteil mit zwei grunderwerbsteuerlichen Fragen auseinandergesetzt: Liegt eine Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG a.F. vor, wenn eine grundbesitzende GmbH weitere eigene Anteile erwirbt und einer von mehreren Gesellschaftern dadurch mindestens 95 % der nicht von der GmbH selbst gehaltenen Anteile hält und beendet auch eine unvollständige oder unrichtige Anzeige gem. § 20 GrEStG die Anlaufhemmung zur Festsetzungsfrist?

Sachverhalt

An der grundbesitzenden X-GmbH waren neben der Klägerin u.a. die Stadt I, die F-AG sowie die X-GmbH selbst beteiligt. Unter Außerachtlassung der eigenen Anteile der X-GmbH betrug die Beteiligungshöhe der Klägerin 94,73 % (lt. Berechnung des Gerichts). Alleinige Anteilseignerin der Klägerin war die Stadt I.

Mit notariell beurkundeter Vereinbarung vom 26. Januar 2010 veräußerte die F-AG ihre Anteile an der X-GmbH an die X-GmbH. Infolgedessen erhöhte sich deren Bestand an eigenen Anteilen. Unter Außerachtlassung der eigenen Anteile erhöhte sich damit die Beteiligung der Klägerin an der X-GmbH auf 95,26 % (lt. Berechnung des Gerichts).

Einen Tag nach der Beurkundung übersandte der Notar die Vereinbarung nebst Anschreiben an das Finanzamt. Das Anschreiben enthielt keine genaueren Angaben zum Grundbesitz, sondern lediglich die Aussage, dass die Gesellschaft Grundvermögen habe. Entgegen der im Anschreiben geäußerten Bitte der Weiterleitung an die Grunderwerbsteuerstelle wurden die Dokumente lediglich zu der bei der Körperschaftsteuerstelle geführten Akte genommen, sodass erst mit Bescheid vom 21. Juli 2017 Grunderwerbsteuer festgesetzt wurde.

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht Münster bejahte die erste Rechtsfrage und ging vom Vorliegen einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG in der im Streitjahr 2010 geltenden Fassung aus.

Das Finanzgericht bestätigt hierbei die Rechtsauffassung des BFH, wonach für die grunderwerbsteuerliche Betrachtung nach § 1 Abs. 3 GrEStG die im Besitz der Gesellschaft (X-GmbH) selbst befindlichen Anteile nicht berücksichtigt werden (BFH II R 52/00 vom 16. Januar 2002 und II R 21/12 vom 18. September 2013).

Eine Anteilsvereinigung i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG liegt – so das Finanzgericht – auch dann vor, wenn eine GmbH (X-GmbH) eigene Anteile erwirbt und dies dazu führt, dass ein Gesellschafter (Klägerin) nunmehr mindestens die Beteiligungsquote nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG (damals noch 95 %) der nicht von der Kapitalgesellschaft selbst gehaltenen Anteile hält (Rz. 39).

Hinsichtlich der zweiten Rechtsfrage ging das Gericht davon aus, dass auch keine Festsetzungsverjährung eingetreten war. Der Beginn der Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO war – so das Finanzgericht – gehemmt, da die Anzeige des Notars mangels unzureichender Bezeichnung der betroffenen Grundstücke nicht den Anforderungen des § 20 GrEStG genügte (Rz. 46, 51). Die Festsetzungsfrist endete damit mit Ablauf des 31. Dezember 2017 (= 31. Dezember 2010 + 3 Jahre + 4 Jahre).

Unschädlich war hingegen, dass die Anzeige des Notars nicht ausdrücklich an die Grunderwerbsteuerstelle adressiert war, sondern das Schreiben lediglich die Bitte der Weiterleitung enthielt (Rz. 50)

Fundstelle

Finanzgericht Münster, Urteil vom 19. Mai 2022 (8 K 2516/20 GrE); die Revision ist beim BFH unter dem Az. II R 24/22 anhängig.

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