BMF veröffentlicht Entwurf für einen neuen Anwendungserlass zum AStG

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 19.7.2023 einen Entwurf für einen neugefassten Anwendungserlass zum Außensteuergesetz (AEAStG) an die Verbände zur Stellungnahme (Frist bis 4. September) gesendet. Der neue AEAStG gibt die Finanzverwaltungsauffassung zum AStG wieder und reflektiert dabei insbesondere die gesetzlichen Anpassungen durch das ATAD-Umsetzungsgesetz.

Allgemeines

Nachdem die Hinzurechnungs- und Wegzugsbesteuerung anlässlich des ATAD-Umsetzungsgesetzes überarbeitet wurde, musste auch der aus dem Jahr 2004 stammende AEAStG entsprechend dem neuen Rechtsstand angepasst werden.

Schwerpunkt des neuen AEAStG sind die Ausführungen zur Hinzurechnungsbesteuerung gem. §§ 7 ff. AStG. Dieser Newsflash beschäftigt sich ausschließlich mit den Aussagen zu diesem Themengebiet.

Wesentliche Aussagen zur Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 ff. AStG

Die §§ 7-12 AStG regeln die “allgemeine” Hinzurechnungsbesteuerung, wohingegen § 13 AStG die “erweiterte” Hinzurechnungsbesteuerung regelt. Letztere kommt laut der im Erlass hinterlegten Verwaltungsauffassung nur zur Anwendung, wenn die Kapitalanlagegesellschaft nicht beherrscht wird; für beherrschte Kapitalanlagegesellschaften gilt ausschließlich die allgemeine Hinzurechnungsbesteuerung.

In § 9 StAbwG ist daneben die sog. “verschärfte” Hinzurechnungsbesteuerung geregelt, die auch niedrig besteuerte aktive Einkünfte von in nicht kooperativen Steuerhoheitsgebieten i.S.d. Steueroasenabwehrgesetzes ansässigen Gesellschaften erfasst. Nach dem Erlassentwurf soll unter Berücksichtigung des § 9 Satz 2 StAbwG die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung vorrangig vor der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung anzuwenden sein.

Weiterhin finden sich in den Vorbemerkungen diverse Aussagen, z.B. zum Verhältnis der §§ 7 ff. AStG zu den §§ 41 und 42 AO sowie zu den erweiterten Mitwirkungspflichten, die sich im Wesentlichen bereits im AEAStG 2004 fanden.

i) Der neue Beherrschungstatbestand in § 7 Abs. 1-4 AStG

Beherrschungskriterien und Rechtsfolge (§ 7 Abs. 1 und 2 AStG)

Nach den Änderungen des ATAD-Umsetzungsgesetz ist es nicht mehr ausreichend, wenn mehrere (voneinander unabhängige) unbeschränkt Steuerpflichtige eine ausländische Gesellschaft beherrschen, um den Anwendungsbereich der §§ 7 ff. AStG zu eröffnen. Nach der Neufassung des § 7 Abs. 2 AStG ist eine Beherrschung hingegen gegeben, wenn ein unbeschränkt Steuerpflichtiger allein oder zusammen mit nahestehenden Personen eine ausländische Kapitalgesellschaft beherrscht (d.h. diesem mehr als die Hälfte der Stimmrechte oder des Nennkapitals oder ein Anspruch auf mehr als die Hälfte des Gewinns oder Liquidationserlöses zuzurechnen ist).

Nach Ansicht der Verwaltungsauffassung sollen zumindest bei gleichzeitiger Gesellschafterstellung auch gesonderte vertragliche Vereinbarungen bei der Prüfung berücksichtigt werden, ob mehr als die Hälfte des Gewinns oder Liquidationserlöses unbeschränkt Steuerpflichtigen zuzurechnen sind. Dabei werden im Erlassentwurf Genussrechte und partiarische Darlehen als Beispiele genannt, die zu berücksichtigen sind, ohne dass jedoch zwischen EK- und FK-Genussrechten unterschieden wird. Damit kann also nach Verwaltungsauffassung auch dann eine Beherrschung i.S.d. § 7 Abs. 2 AStG vorliegen, wenn ein unbeschränkt Steuerpflichtiger nicht mehr als die Hälfte des Kapitals hält.

Mittelbare Beteiligungen sind für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 AStG nach dem Erlassentwurf unbeachtlich, soweit bereits eine Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG oder einer vergleichbaren ausländischen Regelung erfolgt und danach insgesamt keine niedrige Besteuerung mehr gegeben ist. Als vergleichbare ausländische Regelungen sieht die Verwaltung z.B. solche Regelungen über eine Hinzurechnungsbesteuerung an, die auf Art. 7 und 8 der ATAD beruhen. Des Weiteren muss die vorgeschaltete Hinzurechnungsbesteuerung bei der Besteuerung der vermittelnden (ausländischen) Person tatsächlich erfolgt sein.

Bei Beteiligungen über Personengesellschaften sollen diese von der Hinzurechnungsbesteuerung unberührt bleiben und sind insbesondere nicht Empfänger des Hinzurechnungsbetrags, was insb. gewerbesteuerliche Auswirkungen hat.

Auf Rechtsfolgenseite kommt es gleichwohl grundsätzlich auf die Beteiligung am Nennkapital an. Nach der Verwaltungsauffassung können Genussrechte oder partiarische Darlehen dazu führen, dass eine vom Nennkapital abweichende Gewinnverteilung vorliegt.

Nahestehen durch abgestimmtes Verhalten (§ 7 Abs. 4 AStG)

Nahestehende Personen sind entweder solche i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG (§ 7 Abs. 3 AStG) oder solche, die durch abgestimmtes Verhalten mit Blick auf die Zwischengesellschaft zusammenwirken (§ 7 Abs. 4 AStG). Laut Erlass muss das abgestimmte Verhalten gem. § 7 Abs. 4 Satz 1 AStG dabei nicht auf einer ausdrücklichen (ggfs. vertraglichen) Vereinbarung beruhen. Es reicht stattdessen aus, wenn sich das abgestimmte Verhalten aus den Gesamtumständen ergibt. Zudem kann eine Familienangehörigkeit für die Annahme eines Zusammenwirkens durch abgestimmtes Verhalten sprechen.

Weiterhin führt das BMF beispielhaft aus, dass ein abgestimmtes Verhalten vorliegt, wenn sich der Steuerpflichtige und die betreffende Person hinsichtlich

  • der Modalitäten des (Hinzu-)Erwerbs oder der (Teil-)Übertragung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an der Zwischengesellschaft,
  • der Ausübung von Stimmrechten – insbesondere durch sogenannte Stimmbindungsverträge – oder mit dem Ziel der Änderung der unternehmerischen Ausrichtung der Zwischengesellschaft,
  • sonstiger Rechtsbeziehungen (wie etwa Darlehen, Genussrechte oder ähnlicher Finanzierungsbeziehungen) in Bezug auf die Zwischengesellschaft

abstimmen.

§ 7 Abs. 4 Satz 2 AStG unterstellt widerlegbar, dass sich die (unmittelbaren und mittelbaren) Gesellschafter einer Personengesellschaft abgestimmt verhalten. Eine für die Praxis wichtige Frage ist, unter welchen Umständen diese Vermutung widerlegt werden kann. Hier wird im Erlassentwurf die Widerlegbarkeit anerkannt,

  • wenn die Förderung eines gemeinsamen Zwecks unter Fortbestand der Gesellschaft vorübergehend oder dauerhaft unmöglich geworden ist;
  • ein sog. “Blindpool” vorliegt, d.h. wenn sich der gemeinsame Zweck in einer Vermögensanlage erschöpft, bei der das Anlageobjekt zunächst nicht konkret bestimmt ist, solange sich die Anleger nicht gegenseitig kennen und diesen ausschließlich Informationsrechte zustehen;
  • wenn ernstliche Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Steuerpflichtigen und den anderen Gesellschaftern nachweislich bestehen.

Verhältnis zum Investmentsteuergesetz (§ 7 Abs. 5 AStG)

§ 7 Abs. 5 Satz 1 AStG regelt das Verhältnis von Investmentbesteuerung und allgemeiner (einschließlich verschärfter) Hinzurechnungsbesteuerung grds. zugunsten den Vorschriften des InvStG, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, wenn ein Sachverhalt die Tatbestandsvoraussetzungen beider Steuerregime erfüllt.

Voraussetzung für die vorrangige Anwendung des InvStG ist dabei, dass auf die Einkünfte der Zwischengesellschaft die Vorschriften des InvStG in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden sind. In diesem Zusammenhang soll es nach Verwaltungsauffassung nicht entscheidend sein, ob die Zwischeneinkünfte auf Ebene des ausländischen Investmentfonds oder ausländischen Spezial-Investmentfonds nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 InvStG (ggf. i.V.m. § 29 Abs. 1 InvStG) steuerbefreit sind.

§ 7 Abs. 5 Satz 1 AStG ist nach dem Erlass hingegen nicht anwendbar, so dass eine parallele Anwendung von Investment- und Hinzurechnungsbesteuerung in Betracht kommt, wenn die Zwischengesellschaft an einem in- oder ausländischen (Spezial-)Investmentfonds als Anlegerin beteiligt ist und hieraus Investmenterträge erzielt.

Weiterhin ist die Vorrangwirkung des § 7 Abs. 5 Satz 1 AStG zugunsten des InvStG nicht erfüllt und stattdessen die Hinzurechnungsbesteuerung anzuwenden, wenn die den Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte zu mehr als einem Drittel mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen betrieben werden (§ 7 Abs. 5 Satz 2 AStG). Als Geschäfte kommen nach dem Erlass insbesondere Finanzierungsbeziehungen mit dem Steuerpflichtigen oder ihm nahestehenden Personen in Betracht.

ii) Der in Teilen neugefasste Aktivkatalog in § 8 Abs. 1 AStG

Funktionale Betrachtungsweise

Zunächst schließt sich die Verwaltung dem BFH (Urteil vom 18.12.2019 - I R 59/17) an, wonach Tätigkeiten mit einem erheblichen wirtschaftlichen Eigengewicht im Rahmen der funktionalen Betrachtungsweise separat zu beurteilen sind, selbst wenn diese mit anderen Tätigkeiten in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Auch die Zusammenfassung mehrerer Tätigkeiten in einer Gesellschaft (z.B. einer “Landesholding”) begründet keinen wirtschaftlichen Zusammenhang der Tätigkeiten.

Veräußerungsgewinne werden gesetzlich neuerdings explizit genannt und sind daher entsprechend dem Erlass ebenso nach Maßgabe der funktionalen Betrachtungsweise zu beurteilen.

Versicherungs- und Bankgeschäfte (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 AStG)

Nicht erforderlich für die Qualifikation als Unternehmen oder Institut im Sinne der Nummer 3 ist eine formale Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde

des Sitzstaates der ausländischen Gesellschaft. Die Entscheidung einer deutschen oder

ausländischen Aufsichtsbehörde ist lediglich ein Indiz für die Qualifikation als Unternehmen oder Institut im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 3 AStG. Eine formale Bindungswirkung besteht in Folge der Genehmigung laut BMF allerdings nicht.

Handel (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 AStG)

Obwohl sich der Gesetzeswortlaut durch das ATAD-Umsetzungsgesetz im Wesentlichen nicht geändert hat, sind die Ausführungen der Verwaltung zum praxisrelevanten Handelstatbestand erwähnenswert.

Die Verwaltung hält nunmehr fest, dass allein die Existenz einer Konzernrichtlinie keine Mitwirkung begründet. Ebenso führen die Tätigkeiten im Bereich des Monitorings, der Compliance, des Reporting und untergeordnete Hilfs- und Unterstützungstätigkeiten zu keiner schädlichen Mitwirkung. Gleiches gilt für die bloße Mitunterschrift aus Repräsentationsgründen.

Als für Zwecke des § 8 Abs. 1 Nr. 4 AStG begünstige Güter oder Waren sollen nach Verwaltungsauffassung nunmehr auch immaterielle Wirtschaftsgüter (z.B. Rechte) qualifizieren.

Vermietung und Verpachtung (§ 8 Abs. 1 Nr. 6 AStG)

Hervorzuheben ist, dass die Verwaltung Aussagen trifft, wann in Bezug auf die Überlassung von Rechten eine eigene Forschungs- und Entwicklungsarbeit angenommen werden kann. Diese soll vorliegen, wenn die ausländische Gesellschaft selbst Grundlagenforschung, industrielle Forschung oder experimentelle Entwicklung betreibt und die daraus eigenständig gewonnenen Ergebnisse durch Lizenzierung oder vergleichbare Tätigkeiten verwertet. Die Forschung muss dabei durch Einsatz des eigenen Personals und eigener Einrichtungen gewonnen werden. Die Auftragsforschung sowie das damit verbundene Weisungsrecht wird explizit als nicht ausreichend erachtet, um eine eigene Forschungs- und Entwicklungsarbeit anzunehmen.

Der Erwerb bereits vorhandener Kenntnisse schließt die Annahme eigener Forschungs- und Entwicklungsarbeit dann nicht aus, wenn die erworbenen Kenntnisse durch eigene Tätigkeit wesentlich weiterentwickelt werden.

Wird die ausländische Gesellschaft auf eine andere Gesellschaft verschmolzen, tritt die Übernehmerin als Rechtsnachfolgerin in die Rechtsstellung des § 8 Abs. 1 Nr. 6 a) AStG ein, so dass das Merkmal der “eigenen” Forschungs- und Entwicklungsarbeit von der Übernehmerin fortgeführt werden kann.

Bezüge iSd § 8b Abs. 1 KStG (Nr. 7)

Mit Blick auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen Bezüge im Sinne des § 8b Abs. 1 KStG das Einkommen gemindert haben, hält die Verwaltung im Erlassentwurf fest, dass es auf das tatsächlich der Besteuerung der leistenden (ausländischen) Körperschaft zugrunde liegende Einkommen ankommt (d.h. es erfolgt keine gesonderte Ermittlung nach deutschem Recht). Mindern die Bezüge nach ausländischem Recht das Einkommen der leistenden Körperschaft, liegen in einem ersten Schritt passive Einkünfte vor.

Eine aktive Tätigkeit liegt trotz Einkommensminderung im Ausland hingegen vor, wenn die leistende Körperschaft mit den diesen Bezügen zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft ist. Dabei sind sowohl Zwischeneinkünfte des laufenden Jahres als auch der Vorjahre ausreichend, um die Ausnahme zu erfüllen. Unschädlich ist es, wenn die Zwischengesellschaft, aus der die Bezüge stammen, ihrerseits gemischte (aktive und passive) Einkünfte erzielt.

Mit Blick auf die Passivität von Streubesitzdividenden ist nach dem Erlassentwurf der gesamte § 8b Abs. 4 KStG in den Blick zu nehmen und somit u.a. auch die Fiktion des Erwerbs einer Beteiligung zu Beginn des Kalenderjahres nach § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG anzuwenden.

Umwandlungen (Nr. 9)

Die Frage, ob eine Umwandlung vorliegt, ist nach den Maßstäben des UmwStG zu beurteilen, so dass die im Umwandlungssteuererlass 2011 niedergelegten Kriterien zur Prüfung einer vergleichbaren Auslandsumwandlung (u.a. Strukturmerkmale) nach dem Erlassentwurf entsprechend zu beachten sind.

Inwieweit Wirtschaftsgüter der Erzielung von aktiven Einkünften dienen, ist nach Verwaltungsauffassung über den gesamten Zeitraum der Nutzung zu bestimmen. Der Steuerpflichtige hat gegenüber der Finanzverwaltung für jedes Wirtschaftsgut nachzuweisen, ob dieses der Erzielung von aktiven Einkünften dient.

Zur Frage, ob die Umwandlung im Inland zu Buchwerten erfolgen könnte, sind die inländischen Anforderungen der vergleichbaren Umwandlungsmaßnahme (z.B. doppelter Teilbetrieb bei Spaltung) zu beachten. Daneben sind auch etwaige Sperrfristen z.B. nach § 22 UmwStG zu beachten, deren Verletzung nach dem Erlassentwurf zu einer rückwirkenden Passivität der Umwandlung führen soll. Zudem soll auch der Ausschluss eines Hinzurechnungsbesteuerungsrechts in Folge einer Umwandlung schädlich sein.

Für die Frage der tatsächlichen Buchwertfortführung im Ausland soll es auf die (ausländische) steuerliche Rechnungslegung ankommen und daneben Sperrfristen nach ausländischem Recht zu beachten sein. Deren Verletzung führt nach dem Erlassentwurf ebenso zu einer rückwirkenden Passivität der Umwandlung.

iii) Die Niedrigbesteuerung in § 8 Abs. 5 AStG

Eine Niedrigbesteuerung i.S.d. § 8 Abs. 5 AStG liegt vor, wenn die passiven Einkünfte effektiv zu weniger als 25% besteuert werden. Einige der Ausführungen im Erlassentwurf zur Ermittlung der Niedrigbesteuerung waren bereits im AEAStG 2004 enthalten.

Der Erlass bezieht sich für die Niedrigsteuerschwelle auf die aktuell gesetzlich geregelten 25%. Die mit dem RefE-MinBestRLUmsG geplante Absenkung auf 15% ist naturgemäß noch nicht reflektiert.

Im Rahmen der Prüfung einer Niedrigbesteuerung wird im Erlassentwurf festgestellt, dass hypothetische Steuern auf hypothetische Einkünfte (z.B. spätere Veräußerungsgewinne) nicht berücksichtigt werden können.

In die Belastungsberechnung sind zudem insbesondere Anrechnungs- oder Erstattungsansprüche einzubeziehen, die zu einer Minderung der Steuerbelastung führen (§ 8 Abs. 5 Satz 2 AStG). Auf eine konkrete Erstattung oder Anrechnung soll es nach Verwaltungsauffassung nicht ankommen. Zudem sollen nach dem Erlassentwurf auch Erstattungsansprüche im Zusammenhang mit passiven Einkünften einer Betriebsstätte der ausländischen Gesellschaft berücksichtigt werden.

iv) Der Motivtest in § 8 Abs. 2-4 AStG

§ 8 Abs. 2-4 AStG regelt den sog. Motivtest, der der Sache nach eher ein Substanztest ist, da es gerade nicht auf die Motive des Steuerpflichtigen für die Errichtung der Zwischengesellschaft, sondern auf deren Substanz ankommt.

Der Nachweis des Vorliegens einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit ist im Rahmen dieses Tests tätigkeitsbezogen zu führen (sog. segmentierende Betrachtung). Übt die ausländische Gesellschaft mehrere Tätigkeiten aus, ist der Nachweis für jede Tätigkeit gesondert zu erbringen.

Erforderlich ist laut Verwaltung eine dauerhafte Teilnahme am Markt des Sitz- oder Geschäftsleitungsstaates unter gezielter Nutzung der dortigen Ressourcen (z.B. günstige Produktionsbedingungen im Rahmen der Beschaffungsmarktaktivität oder besondere Kundennähe im Rahmen der Absatzmarktaktivität). Diese Kriterien wurden schon im BMF-Schreiben vom 17.3.2021 für § 8 Abs. 2 AStG a.F. genannt.

Einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit steht es dabei nicht entgegen, wenn Leistungen teilweise oder sogar ausschließlich an nahestehende Personen erbracht werden. Schädlich soll es nach Verwaltungsauffassung allerdings sein, wenn Tätigkeiten in Betriebsstätten außerhalb des Sitz- oder Geschäftsleitungsstaates erbracht werden. Dies soll selbst dann gelten, wenn die Betriebsstätte sich in einem anderen EU/EWR-Staat befindet.

Der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit sind dabei nach dem Erlassentwurf nur solche Einkünfte zuzuordnen, bei denen der Fremdvergleichsgrundsatz beachtet wurde. Das bedeutet, dass der über den Fremdvergleich hinausgehende Gewinn laut Verwaltungsansicht dem Motivtest nicht zugänglich ist.

Outsourcing auf Dritte ist schädlich für die Annahme einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit und liegt dann vor, wenn Dritte die Tätigkeiten in der Weise ausüben, dass deren Tätigkeit das Gepräge gibt. Dritte sind dabei sowohl nahestehende Personen als auch fremde Dritte. Keine Aussage findet sich zu der zwischenzeitlich diskutierten Frage, ob aus unionsrechtlichen Gründen das Outsourcing innerhalb eines Landes oder innerhalb der EU unschädlich ist.

Mit Blick auf die Notwendigkeit eines Informationsaustausches wird im Erlass festgehalten, dass es einerseits einer rechtlichen Grundlage bedarf. Zureichende Rechtsgrundlagen werden seitens der Verwaltung aufgelistet. Andererseits müssen diese auch tatsächlich durchgeführt und Auskünfte in einer angemessenen Frist (6 Monate) erteilt werden.

v) Der Hinzurechnungsbetrag in § 10 AStG

Das BMF äußert sich umfassend zu den in § 10 AStG enthaltenen Vorschriften zur Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags (Abs. 1), zur Qualifikation des Hinzurechnungsbetrags (Abs. 2), zur Ermittlung der Zwischeneinkünfte (Abs. 3-5) sowie zur Vermeidung von Doppelbelastungen im Zusammenhang mit dem InvStG (Abs. 6).

Ermittlung der Zwischeneinkünfte auf Grundlage des deutschen Steuerrechts

Zwischeneinkünfte sind auf Grundlage des deutschen Steuerrechts zu ermitteln (§ 10 Abs. 3 Satz 1 AStG). Diesbezüglich sind nach Verwaltungsauffassung zum einen insbesondere die Regelungen zur Zins- und Lizenzschranke gem. § 4h und 4j EStG, der Anti-Hybrid-Regel gem. § 4k EStG oder des § 8b KStG anzuwenden. Zum anderen sollen nach dem Erlassentwurf auch die Regelungen hinsichtlich des schädlichen Beteiligungserwerbs nach §§ 8c und 8d KStG bei einem Wechsel des Gesellschafters der Zwischengesellschaft zu beachten sein. Steuerliche Vergünstigungen, die an die unbeschränkte Steuerpflicht oder an das Bestehen eines inländischen Betriebs anknüpfen, bleiben im Rahmen von § 10 Abs. 3 Satz 1 AStG grds. unberücksichtigt. Dies soll nach Verwaltungsauffassung dann nicht gelten, wenn die Zwischengesellschaft eine Betriebsstätte im Inland unterhält, so dass z.B. § 7g EStG anwendbar ist. Dieses hat auch für die Ermittlung der Niedrigbesteuerung Bedeutung, da § 8 Abs. 5 Satz 1 AStG auf § 10 Abs. 3 AStG verweist.

Das BMF stellt klar, dass der Hinzurechnungsbetrag für jede Zwischengesellschaft getrennt zu ermitteln und anzusetzen ist. Eine Verrechnung von positiven und negativen Zwischeneinkünften aus verschiedenen Quellen innerhalb ein und derselben Zwischengesellschaft soll möglich sein. Ein Ausgleich von Gewinnen und Verlusten von unterschiedlichen Zwischengesellschaften dagegen nicht. Außerdem ist eine Verrechnung mit Verlusten aus Jahren, in denen die Gesellschaft keine Zwischengesellschaft war, nach dem Erlass ausgeschlossen.

Gewinnermittlungsart

Mit dem ATAD-Umsetzungsgesetz wurde gesetzlich geregelt, dass die Zwischeneinkünfte nur noch nach dem Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln sind. Kommt es bei einer Zwischengesellschaft zu einem Wechsel der Gewinnermittlungsart, weil die Zwischeneinkünfte bis zur Neufassung des § 10 Abs. 3 AStG nach der Einnahmenüberschussrechnung ermittelt wurden, darf ein potenziell entstehender Übergangsgewinn lt. Auffassung der Finanzverwaltung nicht auf mehrere Jahre verteilt werden.

Bewertung der Wirtschaftsgüter

Soweit Wirtschaftsgüter das erste Mal in der Eröffnungsbilanz angesetzt werden, sind diese mit den Werten anzusetzen, die sich ergeben würden, wenn seit der Übernahme der Wirtschaftsgüter durch die Zwischengesellschaft die Vorschriften des deutschen Steuerrechts angewendet worden wären. In den Wirtschaftsgütern bereits vor Inkrafttreten der Hinzurechnungsbesteuerung enthaltene stille Reserven sollen ebenfalls erfasst werden. Dies soll nach dem Erlass analog auch für den Fall gelten, dass Wirtschaftsgüter aus dem aktiven in den passiven Bereich einer Zwischengesellschaft überführt werden.

Die Rechtsfolgen der Hinzurechnungsbesteuerung sollen jedoch nicht ausgelöst werden, wenn Wirtschaftsgüter vom passiven in den aktiven Bereich wechseln.

vi) Der Kürzungsbetrag bei Folgeausschüttungen bzw. -veräußerungen in § 11 AStG

Durch das ATAD-Umsetzungsgesetz wurde das System der Steuerbefreiung der nachlaufenden Dividenden oder Veräußerungsgewinne i.S.d. § 3 Nr. 41 EStG durch einen Kürzungsbetrag i.S.d. § 11 AStG ersetzt. Steuerpflichtige Bezüge oder Veräußerungsgewinne, die sich aus bereits der Hinzurechnungsbesteuerung unterlegenen Gewinnen speisen, können zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung bei der Ermittlung der Summe der Einkünfte nach dieser Vorschrift abgezogen werden. Diesbezüglich muss der Hinzurechnungsbetrag als Besteuerungsgrundlage Eingang in das Folgeverfahren (Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerveranlagung) gefunden haben. Ob eine tatsächliche Belastung der Hinzurechnungsbeträge mit Einkommen- oder Körperschaftsteuer erfolgte, ist für den Ansatz eines Kürzungsbetrages nach Verwaltungsauffassung unerheblich.

Ein Kürzungsbetrag kommt nach Verwaltungsauffassung nicht in Betracht, wenn der Bezug beim Steuerpflichtigen aufgrund von § 8b KStG steuerfrei ist; die Betriebsausgabenpauschalierung nach § 8b Abs. 3 oder 5 KStG i.H.v. 5% kommt damit weiterhin zur Anwendung.

Des Weiteren soll nach dem Erlassentwurf ein Kürzungsbetrag nicht auf Ebene der Organgesellschaft, sondern beim Organträger anzuwenden sein. Dies hat bei einer Kapitalgesellschaft als Organträgerin, die in den Anwendungsbereich des § 8b KStG fällt, zur Folge, dass kein Kürzungsbetrag zu gewähren ist.

Der Kürzungsbetrag kann nach Verwaltungsauffassung auch dann noch genutzt werden, wenn die entsprechende Gesellschaft keine Zwischengesellschaft mehr ist (z.B. durch Wegfall der Beherrschung).

Nicht genutzte Kürzungsbeträge gehen in das Hinzurechnungskorrekturvolumen ein und können auf folgende Veranlagungszeiträume vorgetragen werden. Das (festgestellte) Hinzurechnungskorrekturvolumen soll nach Verwaltungsauffassung allerdings infolge bestimmter Ereignisse mit Blick auf den Steuerpflichtigen entfallen (z.B. durch dessen Umwandlung nach dem UmwStG als übertragender Rechtsträger unter Auflösung ohne Abwicklung und Übertragung des gesamten Vermögens oder eines Anteilseignerwechsels).

vii) Die Steueranrechnung in § 12 AStG

Dadurch, dass nach der Neufassung der §§ 7 ff. AStG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Beteiligungen erfasst werden, kann es zu einer doppelten Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung in mehrstufigen Konzernstrukturen kommen. Eine Steueranrechnung nach § 12 AStG lässt die Verwaltung in ihrem Erlassentwurf in solchen Fällen der mittelbaren Beteiligung in Bezug auf die Steuern zu, die nach einer ausländischen und einer deutschen Hinzurechnungsbesteuerung erhoben werden.

viii) Das Verfahrensrecht in § 18 AStG

In Bezug auf das Feststellungsverfahren nach § 18 AStG stellt die Verwaltung fest, dass ein Steuerpflichtiger, der nur mittelbar an einer ausländischen Zwischengesellschaft beteiligt ist und ein Fall des § 7 Abs. 1 Satz 2 AStG vorliegt, kein Feststellungsbeteiligter ist, damit auch keine Anzeige abgeben muss.

Daneben hält die Verwaltung fest, dass wenn Beteiligungen von Steuerpflichtigen über Personengesellschaften bestehen, diese nicht zur Abgabe einer Feststellungserklärung verpflichtet sind (sondern vielmehr die Steuerpflichtigen selbst).

Beruft sich der Steuerpflichtige auf § 8 Abs. 2 AStG (“Motivtest”) muss keine Erklärung abgegeben werden, es reicht eine Anzeige nach amtlichem Vordruck aus. Die Verwaltung kann aber die Abgabe einer Feststellungserklärung verlangen, wenn nach der Prüfung der im Zusammenhang mit der Anzeige eingereichten Unterlagen Zweifel beispielsweise am Vorliegen einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Zwischengesellschaft bestehen.

ix) Betriebsstättenfälle (§ 20 Abs. 2 AStG)

Das BMF nimmt im vorliegenden Erlassentwurf auch ausführlich Stellung zur Switch-Over Klausel des § 20 Abs. 2 AStG.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist der Tatbestand des § 20 Abs. 2 AStG - “Freistellung” nach einem DBA - nicht nur in dem Fall erfüllt, wenn sich diese aus dem sog. Methodenartikel ergibt. Auch in dem Fall, wenn ein Verteilungsartikel mit abschließender Rechtsfolge greift, soll § 20 Abs. 2 AStG anwendbar sein. Dies gelte auch, soweit die Freistellung bei abkommensrechtlicher Doppelansässigkeit unter Anwendung des Art. 4 Abs. 2 oder Abs. 3 (sog. Tie-Breaker-Rule) des OECD-MA erfolgt.

Ferner soll für die Anwendung des § 20 Abs. 2 AStG der Betriebsstättenbegriff des § 12 AO gelten. Auf den Betriebsstättenbegriff nach DBA soll es hingegen nicht ankommen. Daher soll beispielsweise auch der Fall einer doppelt ansässigen Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung im Ausland und Satzungssitz in Deutschland von der Regelung erfasst sein, da die Geschäftsleitung eine Betriebsstätte im Sinne des § 12 Satz 2 Nr. 1 AO ist.

Zudem sollen die Rechtsfolgen des § 20 Abs. 2 AStG ungeachtet der Beteiligungshöhe eines Gesellschafters an einer Personengesellschaft eintreten, wenn diese über eine entsprechende ausländische Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO verfügt; maßgebend sei insoweit ausschließlich, dass niedrig besteuerte passive Einkünfte anfallen. Das FG Düsseldorf (6 K 3278/19 K u. 6 K 501/20 K; Revision anhängig unter I R 28/23 u. I R 29/23) vertritt dahingehend eine andere Auffassung.

Da die Zwischeneinkünfte der ausländischen Betriebsstätte in Anwendung des deutschen Steuerrechts nach § 10 Abs. 3 bis 5 AStG zu ermitteln sind, soll dies nach Verwaltungsauffassung auch die Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG einschließen. Dies bedeutet, dass Sonderbetriebsvermögen sowie die durch dieses veranlassten Erträge und Aufwendungen dem Gewinn der Betriebsstätte zuzurechnen sind; dies gelte auch für atypisch stille Gesellschaften.

Zum Anfang