EU-Kommission genehmigt deutsche Beihilferegelung auf der Grundlage des „Befristeten Rahmens zur Krisenbewältigung und zur Gestaltung des Wandels“

Die EU-Kommission hat am 19. Juli 2023 eine von der Bundesrepublik Deutschland angemeldete Beihilferegelung genehmigt, die der Förderung des Übergangs zu einer klimaneutralen Wirtschaft dient und ein Fördervolumen von rd. 3 Mrd. EUR bis zum Ende des Jahres 2025 vorsieht, siehe https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/ip_23_3779.

Auf Grundlage der genehmigten Beihilferegelung können zukünftig Einzelbeihilfen für investive Vorhaben von Unternehmen gewährt werden, die für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft von strategischer Bedeutung sind. Der entsprechende Genehmigungsbeschluss der EU-Kommission ist noch nicht veröffentlicht und wird unter der Nummer SA.108068 über das Beihilfenregister auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb zugänglich gemacht.

Hintergrund

Rechtliche Grundlage für die Beihilferegelung ist die Mitteilung der EU-Kommission „Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge des Angriffs Russlands auf die Ukraine – Krisenbewältigung und Gestaltung des Wandels“ („Temporary Crisis and Transition Framework“ – TCTF) in der Fassung vom 9. März 2023 (wir berichteten, siehe Blogbeiträge vom 15. März 2023 und 5. Juli 2023). Die Beihilferegelung hat gleichsam wie der TCTF zum Ziel, strategische Investitionen zu fördern, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu begrenzen, den grünen Übergang im Einklang mit den „REPowerEU“ Zielen zu beschleunigen und gleichzeitig die Widerstandsfähigkeit des künftigen kohlenstoffarmen Energiesystems der Europäischen Union sicherzustellen. Darüber hinaus steht die Beihilferegelung ebenso wie die jüngste Änderung der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung im Einklang mit den Zielen, die im „Industrieplan für den grünen Deal“ („European Green Deal“) niedergelegt sind (wir berichteten, siehe Blogbeitrag vom 27. April 2023).

Gegenstand der Beihilferegelung

Die Beihilferegelung normiert insbesondere die Voraussetzungen des TCTF, die für die Gewährung von Einzelbeihilfen zugunsten von Unternehmen in den folgenden Sektoren und für folgende Vorhaben gelten (siehe hierzu auch Abschnitt 2.8 Rn. 84 und 85 TCTF):

  • die Herstellung von für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft benötigter Ausrüstung: insbesondere Batterien, Solarpaneele, Windturbinen, Wärmepumpen, Elektrolyseure und Ausrüstung für die Abscheidung, Nutzung und Speicherung von CO2 (CCUS), oder
  • die Herstellung von Schlüsselkomponenten, die als direkter Input für die Herstellung der zuvor genannten Ausrüstung konzipiert wurden und primär als solche verwendet werden, oder
  • die Gewinnung, Verarbeitung oder Rückgewinnung kritischer Rohstoffe, die für die Herstellung der zuvor genannten Ausrüstung und Schlüsselkomponenten benötigt werden.

Die Einzelbeihilfen können dabei in Form von:

  • Direktzuschüssen,
  • Steuervergünstigungen,
  • vergünstigten Zinssätzen für neue Darlehen oder
  • als Bürgschaften für neue Darlehen

gewährt werden.

Die Beihilferegelung wird weitere Fördervoraussetzungen enthalten. Diese werden sich u.a. auf die beihilfefähigen Kosten beziehen (i. d. R. die Kosten für Investitionen in materielle und immaterielle Vermögenswerte) sowie auf die zulässige Beihilfenhöhe. Letztere darf im Fall von investiven Vorhaben in den o.g. strategisch bedeutsamen Sektoren nicht oberhalb von 15 % der beihilfefähigen Kosten liegen und der Gesamtbetrag der Beihilfe darf 150 Mio. EUR je Unternehmen je Mitgliedstaat nicht übersteigen. Höhere Beihilfen sind aber möglich, u. a. kommen 20 % der beihilfefähigen Kosten in Betracht, wenn es sich um Investitionen in C-Fördergebiete gemäß der geltenden Fördergebietskarte handelt, wobei der Gesamtbetrag der Beihilfe 200 Mio. EUR je Unternehmen je Mitgliedstaat nicht überschreiten darf.

Zudem wird die Beihilferegelung formelle Aspekte enthalten, die für die Beihilfengewährung relevant sind. Hierzu zählt insbesondere, dass:

  • der Beihilfeempfänger die Beihilfe vor Beginn der Arbeiten beantragen muss,
  • der Beihilfeempfänger sich verpflichten muss, die Investitionen nach deren Abschluss mindestens fünf Jahre (drei Jahre bei kleinen und mittleren Unternehmen) in dem betreffenden Gebiet zu erhalten,
  • der Beihilfeempfänger bestätigen muss, dass er in den beiden Jahren vor Stellung des Beihilfeantrags keine Verlagerung der Betriebsstätte vorgenommen hat, in die die geförderte Investition getätigt werden soll, und zusagen muss, dies auch in den beiden Jahren nach Abschluss der Investition nicht zu tun.

Zu beachten ist, dass die Gewährung von Einzelbeihilfen auf der Grundlage der Beihilferegelung lediglich bis zum 31. Dezember 2025 möglich ist, wobei die Auszahlung der Beilhilfe sich auf einen längeren Zeitraum (ggf. bis 2031) erstrecken kann.

Einordnung

Auf Grundlage der genehmigten deutschen Beihilferegelung können zukünftig Einzelbeihilfen ohne vorherige Anmeldung bei der EU-Kommission gewährt werden, sofern die in der Beihilferegelung enthaltenen Voraussetzungen eingehalten werden. Von der Möglichkeit des Erlasses einer entsprechenden mitgliedstaatlichen, auf dem TCTF basierenden Regelung („aid schemes“) haben neben der Bundesrepublik Deutschland auch bereits Estland, Frankreich, Kroatien, Litauen, Ungarn, Tschechien, Italien, Bulgarien, Polen, Griechenland, Schweden, Portugal, Spanien, Österreich, Finnland, Irland, Slowenien, Belgien, Bulgarien, Zypern, Dänemark, Luxemburg, Lettland, Malta, Niederlande, Rumänien und die Slowakei Gebrauch gemacht.

Die mitgliedstaatlichen Regelungen zur Umsetzung des TCTF bewirken eine erhebliche Erleichterung zugunsten der zu fördernden Unternehmen in der EU, da auf ein aufwändiges Anmeldeverfahren bei der EU-Kommission verzichtet werden kann. Somit wird dem Ziel Rechnung getragen, die nötige Transformation der europäischen Wirtschaft zügig und ohne allzu hohe bürokratische Hürden zu ermöglichen. Hervorzuheben ist, dass der EU-Kommission weiterhin das Recht der fortlaufenden Kontrolle der genehmigten Beihilferegelung obliegt, um sicherzustellen, dass diese zu jedem Zeitpunkt mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. Vor diesem Hintergrund sind auch die Pflichten zur Überwachung und Berichterstattung zu berücksichtigen, die in der Beihilferegelung enthalten sein werden. Ferner ist festzuhalten, dass die Beihilferegelung lediglich die Fälle, die von ihr direkt erfasst werden, von der Pflicht zur vorherigen Anmeldung bei der EU-Kommission befreit. Die Anmeldepflicht gilt beispielsweise nach wie vor für Einzelbeihilfen nach Abschnitt 2.8 Rn. 86 TCTF, wonach Beihilfen bis zu der Höhe der Subvention, die ein Unternehmen nachweislich für eine gleichwertige Investition in einem Drittstaat außerhalb des EWR erhalten könnte, gewährt werden können.

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