Erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung bei umgekehrter Betriebsaufspaltung

Ist aufgrund besonderer sachlicher und personeller Gegebenheiten eine so enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen einem Besitzunternehmen und dem Betriebsunternehmen zu bejahen, dass das Besitzunternehmen durch die Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit über das Betriebsunternehmen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, so ist das Besitzunternehmen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG (originär) gewerblich tätig. Dies hat das Finanzgericht München in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klage wendet sich gegen den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2015 vom 23.01.2019. Streitig ist, ob die Klägerin zur Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) berechtigt ist.

Klägerin ist die A Immobilienverwaltungsgesellschaft mbH. An ihrem Stammkapital waren im Streitjahr 2015 bis zum 04.11.2015 zu 47,62% F und zu 52,38% die Beteiligungsgesellschaft mbH mit Sitz in X („EBG“) beteiligt. Alleinige Gesellschafterin der EBG ist die F GmbH & Co. KG mit Sitz in X („FKG“), deren Kommanditkapital vollständig von der F Holding GmbH mit Sitz in X („FH“) gehalten wird. Alleingesellschafter der FH war bis zum 04.11.2015 F. Komplementär der FKG war die F Beteiligungsgesellschaft mbH. Die FKG hält außerdem 100% der Anteile an der A GmbH. Mit Wirkung zum 05.11.2015 übertrug F seine Anteile an der Klägerin sowie an der FH im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf A.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist der Erwerb, das Halten und das Verwalten sowie das Veräußern von Immobilien. Die Klägerin erbringt ihre Leistungen fast ausschließlich für verbundene Gesellschaften. In den Jahren 2013 und 2014 überließ sie der FKG mietweise Teilflächen (1.740 m²) des Grundstücks in X. Dieser Gebäudebereich wird von der Geschäftsführung und von zentralen Verwaltungseinheiten der FKG genutzt. Ab 2015 wurden die beschriebenen Flächen über ein Zwischenmietverhältnis mit der A GmbH an die FKG überlassen. Auf ihren Gewerbeertrag hat die Klägerin im Streitjahr die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG angewendet.

Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung für die Erhebungszeiträume 2013 bis 2015 wurde durch den Betriebsprüfer die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG für alle geprüften Erhebungszeiträume nicht erfüllt seien, weil eine schädliche Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der FKG vorläge.

Richterliche Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht München hatte Erfolg.

Anders als vom Finanzamt vertreten, war die erweiterte Grundstückskürzung nicht gemäß § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG zu versagen, da der Grundbesitz nicht dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters diente. Als Gesellschafter i.S.d. vorgenannten Vorschrift sind neben dem unmittelbar Beteiligten auch mittelbar über eine Personenhandelsgesellschaft am Grundstücksunternehmen Beteiligte, nicht aber über eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft beteiligte Personen anzusehen (Rz. 18 f.; vgl. ebenfalls BFH vom 16.09.2021, IV R 7/18, dort Rz. 21).

Ebenfalls lag mangels personeller Verflechtung keine sog. umgekehrte Betriebsaufspaltung (Besitzkapital- und Betriebspersonengesellschaft) mit der Klägerin als Besitzkapitalgesellschaft vor. Die Tätigkeit der Klägerin war damit nicht aufgrund des Vorliegens einer Betriebsaufspaltung als kürzungsschädliche originär gewerbliche Tätigkeit zu qualifizieren, sondern als vermögensverwaltende Tätigkeit.

Das Finanzgericht greift hierbei im Rahmen der Urteilsbegründung auf Rechtsprechung des BFH zur sog. kapitalistischen Betriebsaufspaltung (d.h. Besitzkapitalgesellschaft und Betriebskapitalgesellschaft) zurück (BFH v. 24.1.2012, I B 136/11, BFH/NV 2012, 1176, BFH v. 28.1.2015, I R 20/14 , BFH v. 16.9.1994, III R 45/92, BStBl. II 1995, 75), wonach eine solche nicht vorliege, wenn (wie im vorliegenden Sachverhalt) die Besitzgesellschaft selbst weder unmittelbar noch mittelbar, d.h. über eine andere Kapitalgesellschaft an der Betriebsgesellschaft beteiligt ist (Rz. 20 ff).

Bei einer Kapitalgesellschaft als Besitzunternehmen wird der „Durchgriff“ auf die hinter ihr stehenden Anteilseigner, welche neben ihr zugleich die Betriebsgesellschaft beherrschen, nicht als zulässig angesehen, um von einer Beherrschung der Betriebsgesellschaft durch die Besitzgesellschaft auszugehen.

Fundstelle

Finanzgericht München, Urteil vom 25. Juni 2023 (7 K 434/19); die Revision ist beim BFH unter dem Az. III R 13/23 anhängig.

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