Rückgängigmachung von Erwerbsvorgängen nach § 1 Abs. 3 GrEStG nach § 16 Abs. 2 GrEStG – Steuerbarkeit beider Erwerbsvorgänge als Voraussetzung?
Das Finanzgericht Münster hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass eine Festsetzung von Grunderwerbsteuer auf Antrag auch dann nach § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG nicht erfolgt, wenn der ursprüngliche Übertragungsvorgang nicht steuerbar und nur der Rückerwerb selbst steuerbar war.
Sachverhalt
Im Streitfall hatte der Kläger im Jahr 2016 von seiner 100 %-Beteiligung an einer grundbesitzenden GmbH Anteile i.H.v. 49 % an seinen Sohn unter Vorbehalt von Widerrufsrechten geschenkt (Ersterwerb). Der Vorgang war unbestritten nicht steuerbar. Im Jahr 2018 fielen die Anteile an den Kläger zurück, da dieser den Schenkungsvertrag widerrief (Rückerwerb). Dieser Vorgang war unstreitig als Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbar.
Richterliche Entscheidung
Anders als von der Finanzverwaltung vertreten, konnte vorliegend jedoch nach § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG (Rückgängigmachung des Ersterwerbs infolge nicht erfüllter Vertragsbedingungen) von einer Steuerfestsetzung für den Rückerwerb abgesehen werden. Dem stand die fehlende Steuerbarkeit des Ersterwerbs nicht entgegen. Das Finanzgericht Münster begründete dies u.a. damit, dass der vorliegende Fall nicht schlechter als der Fall behandelt werden sollte, in dem der Ersterwerb auch steuerbar war (z.B. Erwerb von 96 % der Anteile anstelle von nur 49 %). Daneben knüpft das Finanzgericht auch an die entsprechende Rechtsprechung des BFH zu inhaltsgleichen Regelungen nach alter Rechtslage an.
Im Übrigen stand der Nichtfestsetzung der Steuer auch § 16 Abs. 5 GrEStG (nunmehr § 16 Abs. 5 Satz 1 GrEStG) nicht entgegen, der an die ordnungsgemäße Anzeige des Ersterwerbs (hier mangels Steuerbarkeit nicht erforderlich) und nicht an die Anzeige des Rückerwerbs anknüpft.
Die Revision gegen das Urteil wurde zugelassen. In diesem Zusammenhang weist das Finanzgericht darauf hin, dass die Frage, ob die Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG die Steuerbarkeit des ersten Erwerbsvorgangs voraussetzt, vom BFH in seinem Urteil vom 20.2.2019 (II R 27/16, siehe unseren Blogbeitrag), offengelassen wurde.
Fundstelle
Finanzgericht Münster, Urteil vom 11. Mai 2023 (8 K 998/21 GrE), siehe den Newsletter Juni 2023 des Finanzgerichts; die Revision ist beim BFH unter dem Az. II R 16/23 anhängig.