Berücksichtigung von zurückgezahlten Erstattungszinsen als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen

Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs setzt das Entstehen negativer Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 Einkommensteuergesetz voraus, dass die vom Steuerpflichtigen aufgrund der erneuten Zinsfestsetzung zu zahlenden Zinsen auf denselben Unterschiedsbetrag und denselben Verzinsungszeitraum entfallen wie die aufgrund der früheren Zinsfestsetzung erhaltenen Erstattungszinsen.

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten war streitig, ob und in welchem Umfang eine teilweise Rückzahlung von erhaltenen und versteuerten Zinsen bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen ist.

Im Streitfall (Streitjahr 2012) hat der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum (VZ) 2012 zurückgezahlte Erstattungszinsen als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt, die auf im Jahr 2012 erfolgte Zinsfestsetzungen für die VZ 2006 und 2007 beruhen. Für die VZ 2006 und 2007 waren zuvor im Jahr 2010 Erstattungszinsen für einen Verzinsungszeitraum jeweils bis zum 4.2.2010 festgesetzt worden, die der Kläger versteuert hatte.

In der Einkommensteuererklärung 2012 hat der Kläger den vollen, auf den jeweilige Veranlagungszeitraum entfallenden und im Jahr 2012 festgesetzten Zinszahlungsbetrag als eine Rückzahlung von Erstattungszinsen und negative Einkünfte aus Kapitalvermögen berücksichtigt, auch insoweit sich der Zahlungsbetrag auf die Verzinsung der zu leistenden Steuernachzahlung für den Zeitraum ab dem 5.2.2010 bezog. Das Finanzamt akzeptierte die Zinszahlungen dagegen nur insoweit als Rückzahlung von Erstattungszinsen und negative Einkünfte aus Kapitalvermögen, als sich diese auf die Verzinsung der Steuernachzahlung bis zum 4.2.2010 (also den Zeitraum, für den zuvor Erstattungszinsen festgesetzt worden waren) bezogen.

Die Klage beim Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH wies die Revision des Klägers zurück. Das Finanzgericht hat die im Streitjahr steuerlich zu berücksichtigenden negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG der Höhe nach zutreffend ermittelt.

Zu den Erträgen aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art gehören danach auch Erstattungszinsen gemäß § 233a Abgabenordnung (AO). Dem, so der BFH, liegt der Gedanke zugrunde, dass auch bei einer vom Finanzamt "erzwungenen" Kapitalüberlassung in Höhe der zu viel erhobenen Steuer eine entgeltliche Kapitalüberlassung vorliegt. Die Steuererstattungsforderung ist eine Kapitalforderung, die so verzinst wird, als habe der Fiskus ein Darlehen erhalten, das ihm der Steuerpflichtige - wenn auch gezwungenermaßen - gewährt hat.

Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es für die einkommensteuerliche Beurteilung der aufgrund einer erneuten Zinsfestsetzung gezahlten Zinsen nicht darauf an, welcher Zinsbetrag abschließend festgesetzt worden ist. Denn da in die erneute Zinsfestsetzung die vorher festgesetzten Zinsen und die nach dem Unterschiedsbetrag neu festzusetzenden Zinsen einfließen, kann es im Einzelfall dazu kommen, dass bei der Zinsfestsetzung Erstattungs- und Nachzahlungszinsen miteinander verrechnet werden, so dass der festgesetzte Zinsbetrag - wie auch im Streitfall - aus um Nachzahlungszinsen gekürzte Erstattungszinsen besteht. Würde man daher bei der Frage, in welchem Umfang die Rückzahlung erhaltener Zinsen als Rückerstattung von Erstattungszinsen oder als erstmalige Zahlung von Nachzahlungszinsen anzusehen ist, an den im Festsetzungsteil des Zinsbescheids enthaltenen Saldo anknüpfen, wären im Ergebnis auch einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Nachzahlungszinsen steuermindernd berücksichtigt, was der gesetzlichen Wertung des § 12 Nr. 3 Halbsatz 2 EStG zuwiderliefe.

Die verfassungsrechtlichen Einwendungen des Klägers greifen nicht durch. Soweit der Kläger einen Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip darin sieht, dass er nur einen Teil der an das Finanzamt gezahlten Zinsen als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen geltend machen könne, folgt dies aus der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen. Die Anordnung der Besteuerung von Erstattungszinsen als Einnahmen aus Kapitalvermögen im Vergleich zur Nichtabziehbarkeit von Nachzahlungszinsen gemäß § 12 Nr. 3 Halbsatz 2 EStG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz, weil dem Entstehen von Nachforderungsansprüchen einerseits und von Erstattungsansprüchen andererseits unterschiedliche Sachverhalte zugrunde liegen, die in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung und ihrer steuerrechtlich maßgeblichen Veranlassung nicht miteinander vergleichbar sind.

Fundstelle

BFH, Beschluss vom 01. August 2023 (VIII R 8/21), veröffentlicht am 21. September 2023.

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