Organschaft bei Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahrs während der gesetzlichen Mindestlaufzeit eines EAV

Nach einem nicht rechtskräftigen Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg sind die Voraussetzungen einer ertragsteuerlichen Organschaft im Falle der Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahrs während der gesetzlichen Mindestlaufzeit eines Ergebnisabführungsvertrags gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Körperschaftsteuergesetz und einer Vertragsklausel über eine automatische Laufzeitverlängerung erfüllt.

Ausgangslage

Im Streitfall geht es um drei Organschaften unter Beteiligung desselben Organträgers. Die den Organschaften zugrundeliegenden Gewinnabführungsverträge wurden allesamt am 21.12.2011 abgeschlossen und am 23.12.2011 in das Handelsregister der jeweiligen Organgesellschaft eingetragen und damit wirksam. Das Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahr der Organgesellschaften entsprach zunächst dem Kalenderjahr. Die Verträge waren erstmals für das Geschäfts-/Wirtschaftsjahr vom 1.1.2011 - 31.12.2011 anzuwenden.

Mit Blick auf die Mindestlaufzeit enthielten die Verträge jeweils die folgende feste Laufzeitvereinbarung: "Der Vertrag kann erstmals zum Ablauf des 31. Dezember 2015 unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten gekündigt werden. Wird er nicht gekündigt, so verlängert er sich bei gleicher Kündigungsfrist um jeweils ein Kalenderjahr."

In 2013 wurde das Geschäfts-/Wirtschaftsjahr der Organgesellschaften mit Wirkung ab 2014 auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahr vom 1.5. - 30.4. umgestellt und ein Rumpfgeschäfts-/Wirtschaftsjahr vom 1.1.2014 bis 30.4.2014 eingelegt. Die Verträge wurden unstreitig über ihre gesamte Laufzeit durchgeführt, d.h. zu den Stichtagen 30.4.2014, 30.4.2015 und 30.4.2016 sowie in den Folgejahren ordnungsgemäß vollzogen.

Nach Auffassung des Finanzamts waren die Organschaften für die Jahre 2011 bis 2015 aufgrund der mit Wirkung ab 2014 erfolgten Umstellung des Geschäfts-/Wirtschaftsjahres und Bildung eines Rumpfgeschäfts- bzw. Wirtschaftsjahres nicht anzuerkennen. Bei Zugrundelegung der vereinbarten festen Laufzeit von fünf Zeitjahren bis zum 31.12.2015 sei es zu einem unterjährigen Auslaufen des Gewinnabführungsvertrages gekommen und die Gewinnabführungsverträge seien nicht fünf aufeinanderfolgende Jahre ununterbrochen durchgeführt worden.

Entscheidung des Finanzgerichts

Im Gegensatz dazu erkannte das Finanzgericht die Organschaften - insbesondere unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BFH I R 45/12 vom 13.11.2013 an. So ändere die Umstellung des Geschäfts-/Wirtschaftsjahres der Organgesellschaften im Jahr 2013 und die Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres nichts an der vertraglich vereinbarten Mindestlaufzeit von fünf Jahren, denn diese war nicht an das Geschäfts-/Wirtschaftsjahr geknüpft und blieb von der Umstellung des Wirtschaftsjahres daher unberührt (BFH I R 45/12 v. 13.11.2013, Rn. 16). Auch wenn die Vereinbarung über die Vertragslaufzeit nach der Umstellung im laufenden Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endete, blieben die Rechte und Pflichten aus der Vereinbarung bis zu diesem Termin unberührt. Damit sei der Gewinnabführungsvertrag ungeachtet der Umstellung des Geschäfts-/Wirtschaftsjahres der Organgesellschaften und der damit einhergehenden Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres in 2014 ausreichende Vertragsgrundlage für eine tatsächliche Durchführung während der gesetzlichen Mindestvertragsdauer.

Die Verträge wurden auch unstreitig auf Grundlage der Gewinnabführungsverträge i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) durchgeführt. Da die Verträge nicht gekündigt wurden, verlängerte sich die Vertragsdauer nach der in den Verträgen vorgesehenen Regelung automatisch um ein Jahr. Die automatische Verlängerung führte auch nicht zu einer Unterbrechung der Vertragsdauer und einem anschließenden Neubeginn. Vielmehr stand die Verlängerung jeweils sechs Monate vor Ablauf der Mindestvertragslaufzeit zum 31.12.2015 fest, da eine Kündigung spätestens bis zu diesem Zeitpunkt erfolgt sein musste, um die Vertragslaufzeit zu beenden. Dies sei für eine Zurechnung des Einkommens nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG ausreichend.

Fundstelle

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 13. September 2022 (11 K 953/17); die Revision ist beim BFH unter dem Az. I R 12/23 anhängig.

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