Einfuhrumsatzsteuer und Vorsteuerabzug
Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs erfordert die richtlinienkonforme Auslegung von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer die Einfuhr für das Unternehmen eine Verwendung des eingeführten Gegenstandes für Zwecke der besteuerten Umsätze des Unternehmers. Dies setzt voraus, dass er den Gegenstand selbst und damit dessen Wert für diese Umsätze verwendet.
Hintergrund
Die Klägerin hatte lediglich als Dienstleisterin eine Zollanmeldung in eigenem Namen für A (Türkei) abgegeben, basierend auf einer Handelsrechnung von A an die in Deutschland ansässige E GmbH. Hierfür sollte die Klägerin 35 € sowie die Erstattung der verauslagten Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) erhalten. Das Hauptzollamt setzte daraufhin EUSt gegenüber der Klägerin fest, die sie im Rahmen ihrer Umsatzsteuervoranmeldung als Vorsteuer geltend machte, nachdem sie von A keine Zahlung erhalten hatte. Das Finanzamt ließ den Vorsteuerabzug nicht zu.
Das Finanzgericht Hamburg hatte die Klage u. a. deswegen abgewiesen, weil die EUSt kein Kostenelement eines Ausgangsumsatzes der Klägerin geworden sei, nachdem die Klägerin auf eine Vergütung ihrer Dienstleistung verzichtet habe, und auch ein unmittelbarer und direkter Zusammenhang mit bestimmten Ausgangsumsätzen bzw. mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen bestehen müsse (hierzu unser Blogbeitrag vom 7. April 2021).
Das Finanzgericht hatte die Revision zum BFH zugelassen, da es mit Blick auf die jüngste EuGH-Rechtsprechung (Weindel, C-621/19 - nicht in Deutsch verfügbar - und Vos Aannemingen, C-405/19) einer erneuten höchstrichterlichen Entscheidung bedürfe.
Entscheidung des BFH
Die Klägerin hatte im Zuge der Revision argumentiert, dass - entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BFH - die Stellung als Steuerschuldner beziehungsweise Importeur ausreiche, um zum Vorsteuerabzug der EUSt berechtigt zu sein. Dies war jedoch für den BFH nicht ausreichend, der die Auffassung der Vorinstanz bestätigte und die Revision der Klägerin als unbegründet zurückwies. Die Klägerin, habe in Bezug auf die eingeführten Gegenstände lediglich Verzollungs- und gegebenenfalls Beförderungsdienstleistungen erbracht.
Die EUSt gehörte ferner nicht zu den Kosten eines konkreten Ausgangsumsatzes der Klägerin, da es wegen der mangelnden Berechnung der Leistungen schon keinen Ausgangsumsatz gab, der mit der Entstehung der EUSt auch nur kausal zusammenhängen könnte.
Bei richtlinienkonformer Auslegung von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG erfordert die Einfuhr für das Unternehmen eine Verwendung des eingeführten Gegenstandes für Zwecke der besteuerten Umsätze des Unternehmers. Dies setzt voraus, dass er den Gegenstand selbst und damit dessen Wert für diese Umsätze verwendet. Erbringt der Unternehmer in Bezug auf den eingeführten Gegenstand lediglich eine Verzollungs- oder eine Beförderungsdienstleistung, steht ihm daher kein Abzugsrecht zu.
Das Verwendungserfordernis ist für alle Fälle des § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG nach denselben Kriterien zu bestimmen. Unionsrechtlich ergibt sich dies bereits daraus, dass sich der Einleitungssatz des Art. 168 MwStSystRL auf alle der dort genannten Fallgruppen des Vorsteuerabzugs bezieht. Dementsprechend überträgt der EuGH seine Rechtsprechung, mit der er die Verwendung für Zwecke besteuerter Umsätze bei entgeltlichen Eingangsleistungen nach dem Kriterium eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz und einer darauf aufbauenden Kostenbetrachtung bestimmt, auf den Vorsteuerabzug für die Einfuhr gemäß Art. 168 Buchst. e MwStSystRL (EuGH-Urteil DSV Road, C-187/14 - Rz 49). Dies führt in Bezug auf den Vorsteuerabzug zu der sachlich gebotenen Gleichstellung eingeführter und im Inland gelieferter Gegenstände.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH setzt der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG voraus, dass dem Unternehmer die Verfügungsmacht an dem eingeführten Gegenstand zusteht. Der Streitfall gibt dem BFH lediglich Veranlassung dies dahingehend zu präzisieren, dass der Wert des eingeführten Gegenstandes zu den Kostenelementen der unternehmerischen Tätigkeit für den Vorsteuerabzug gehören muss, damit die auf diesen Wert bezogene EUSt zum Vorsteuerabzug berechtigt und durch diesen Abzug eine sich hieraus ergebende Kostenbelastung für den Unternehmer verhindert wird.
Im Übrigen, so der BFH abschließend, habe der EuGH in seinem EuGH-Beschluss Weindel Logistik Service seine bisherige Rechtsprechung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht geändert, sondern bestätigt.
Fundstelle
BFH, Beschluss vom 20. Juli 2023 (V R 13/21) – veröffentlicht am 21. September 2023.