Kein Abzugsverbot von Betriebsausgaben für an freie Mitarbeiter überlassene Gästehäuser

Das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz greift nicht, wenn sich das Gästehaus am Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen befindet. Weiterhin stellt der Bundesfinanzhof in seinem aktuellen Urteil klar, dass ein Betrieb des Steuerpflichtigen am Ort des Gästehauses nicht üblicherweise von den beherbergten Geschäftsfreunden aufgesucht werden muss und urteilt insofern abweichend zur Auffassung der Finanzverwaltung.

Hintergrund

Der Kläger, ein Lohnsteuerhilfeverein, unterhielt in den Streitjahren (2012 bis 2014) mehrere Beratungsstellen, deren Leiter als freie Mitarbeiter für den Kläger tätig sind. Die Beratungsstellenleiter sind keine Arbeitnehmer und erzielen auch keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Der Kläger mietete zwei Ferienapartments in X an. Sämtliche Aufwendungen für die Apartments behandelte er als abziehbare Betriebsausgaben. Die Apartments überließ der Kläger, basierend auf einem internen „Ranking“ zur Motivation und Belohnung, unentgeltlich an für ihn tätige Beratungsstellenleiter jeweils für eine Woche. Das Finanzamt behandelte die gesamten Aufwendungen für die Apartments als nicht abziehbare Betriebsausgaben

Das Finanzgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Abzugsverbot ergebe sich aus § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Bei den Apartments in X handele es sich um Gästehäuser, die sich außerhalb des Ortes eines Betriebs des Klägers befänden. Entsprechend der Auffassung der Finanzverwaltung müsse die Betriebsstätte auch üblicherweise von den beherbergten Geschäftsfreunden aufgesucht werden.

Entscheidung des BFH

Der BFH gab der Revision des Klägers statt und hob die Vorentscheidung des Finanzgerichts auf.

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG dürfen Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden, den Gewinn nicht mindern. Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts sowie der Finanzverwaltung in R 4.10 Abs. 10 Satz 3 Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) verlangt § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG jedoch nicht, dass eine Stelle, eine Betriebsstätte oder ein Betrieb des Steuerpflichtigen in der räumlichen Nähe der Einrichtung auch üblicherweise von den beherbergten Geschäftsfreunden aufgesucht werden muss.

Für diese Auslegung spreche bereits der Gesetzeswortlaut, so der BFH. Danach ist lediglich erforderlich, dass sich das Gästehaus außerhalb des Orts "eines Betriebs" des Steuerpflichtigen befindet. Der als Rückausnahme mögliche Abzug der Betriebsausgaben knüpft danach nur an die Existenz "eines" Betriebs an dem Ort an, an dem sich das Gästehaus befindet, und an keine weiteren Umstände.

Die vom Finanzgericht angenommene Einschränkung, wonach die Betriebsstätte "üblicherweise von Geschäftsfreunden besucht" werden müsse, lässt sich auch nicht mit dem Vereinfachungszweck der Norm vereinbaren. Wenn zum Beispiel Erwerbsaufwendungen die Kosten der allgemeinen Lebensführung im Sinne des § 12 EStG berühren, kann der Gesetzgeber zwar zur Klarstellung wie zur Vereinfachung einschränkende Regelungen treffen, durch die zugleich Ermittlungen im Privatbereich eingegrenzt werden. Mit der vom Finanzgericht angenommenen Einschränkung der Gegenausnahme würde jedoch das Gegenteil erreicht; denn, ob der Übernachtungsgast den Betrieb besucht, lässt sich objektiv nicht überprüfen. In diesem Zusammenhang vorgetragene Behauptungen des Gastes beziehungsweise des Steuerpflichtigen wären regelmäßig nicht verifizierbar. Dies würde die Rechtsanwendung nicht vereinfachen, sondern verkomplizieren.

Hingegen kann für das Vorliegen einer Betriebsstätte an objektive Erkenntnisse wie Anzeigen gemäß § 138 Abgabenordnung (AO), die Gewerbesteuerzerlegung und Ähnliches angeknüpft werden. Eine (weitere) Vereinfachung als durch das Abstellen auf den Begriff der Betriebsstätte wäre nur dadurch zu erreichen, dass der Gesetzgeber an den Ort des Gästehauses gar nicht mehr anknüpft; dies hat er jedoch mehrfach abgelehnt.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 24. Mai 2023 (XI R 37/20) – veröffentlicht am 28. September 2023.

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