Rückforderung von Altersvorsorgezulagen vom Zulagenempfänger

Auch nach der Einfügung des Abs. 3a in § 90 Einkommensteuergesetz (EStG) ist nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs weiterhin davon auszugehen, dass die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen rechtsgrundlos geleistete Zulagebeträge nach Beendigung und Abwicklung des Altersvorsorgevertrags unmittelbar vom Zulageempfänger gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 EStG zurückfordern kann.

Sachverhalt

Die Klägerin unterhielt bis zur Auszahlung einer Kleinbetragsrente am 01.03.2018 einen Altersvorsorgevertrag bei der AG (Anbieterin). Sie hatte bei Vertragsabschluss die Anbieterin bevollmächtigt, einen Dauerzulageantrag zu stellen. Die Anbieterin stellte deshalb auch für die Streitjahre 2017 und 2018 einen Antrag auf Auszahlung der Altersvorsorgezulage. Dabei ging die Anbieterin mangels anderer Kenntnis wie in den Vorjahren davon aus, dass die Klägerin in den Streitjahren in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert gewesen sei. Die Deutsche Rentenversicherung Bund (Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen ‑‑ZfA‑‑), zahlte die Altersvorsorgezulage für 2017 an die Anbieterin aus. Diese leitete die Beträge an die Klägerin weiter, da der Altersvorsorgevertrag zu diesen Zeitpunkten aufgrund der Auszahlung der Kleinbetragsrente nicht mehr bestand.

Die spätere Überprüfung der ZfA ergab, dass die Klägerin in den Streitjahren nicht zulageberechtigt gewesen ist. Deshalb forderte die ZfA die Zulagen von der Klägerin zurück. Dabei berief sie sich auf die Vorschrift des § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zur Regelung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis.

Das Finanzgericht wies die Klage ab, indem es davon ausging, dass der ZfA ein Anspruch auf Erstattung der für die Streitjahre ausgezahlten Zulagen nach § 37 Abs. 2 AO zustehe, der nicht durch speziellere Regelungen ausgeschlossen sei. Auch der ab 2018 geltende § 90 Abs. 3a EStG stehe der Rückforderung nicht entgegen, da er lediglich die dort genannten Sonderfälle betreffe, zumal in allen von § 90 Abs. 3a EStG erfassten Fällen ein Altersvorsorgevertrag beim Anbieter noch bestehe.

Entscheidung des BFH

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Das Finanzgericht habe zutreffend erkannt, dass die ZfA berechtigt war, von der Klägerin die für die Beitragsjahre 2017 und 2018 gewährten Zulagen entsprechend § 37 Abs. 2 AO (i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 EStG) zurückzufordern. Dieser Rückforderungsanspruch ist nicht durch eine die Altersvorsorgezulage betreffende Sondervorschrift (§§ 93 bis 95 EStG) ausgeschlossen worden (RZ 12 und 13 im Urteil). Auch § 90 Abs. 3, 3a EStG hindern die Anwendung des § 37 Abs. 2 AO nicht (RZ 14 bis 17). Folglich konnte die ZfA die streitigen Zulagen von der Klägerin zurückfordern (hierzu: RZ 18ff.).

Eine Anwendung der §§ 93 bis 95 EStG kommt nicht in Betracht, da der Altersvorsorgevertrag im Wege einer Einmalzahlung an die Klägerin zur Abfindung einer Kleinbetragsrente nach § 93 Abs. 3 Satz 1 EStG aufgelöst worden ist. Eine solche Einmalzahlung ist ausdrücklich nicht als schädliche Verwendung im Sinne der genannten Regelungen anzusehen.

§ 90 Abs. 3 EStG ist im Streitfall schon deshalb nicht anwendbar, weil der Altersvorsorgevertrag zum Zeitpunkt der Rückforderung der an die Klägerin für die Streitjahre 2017 und 2018 gezahlten Zulagen beendet war. Auch § 90 Abs. 3a EStG ist keine den § 37 Abs. 2 AO verdrängende Sonderregelung für zu Unrecht gezahlte Zulagen.

§ 90 Abs. 3a Satz 1 und 2 EStG setzten ihrem Wortlaut nach voraus, dass ein Vertrag des Zulageberechtigten im Zeitpunkt des Rückforderungsbegehrens noch besteht, dessen Guthaben aber in allen drei Alternativen "nicht ausreicht", und sehen für diesen Fall vor, dass ein Rückforderungsbetrag unter Anrechnung bereits vom Anbieter einbehaltener und abgeführter Beträge gegenüber dem Zulageberechtigten festgesetzt wird. Die Rückforderung im Falle eines nicht mehr bestehenden Altersvorsorgevertrags regelt § 90 Abs. 3a EStG nicht.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 23. August 2023 (X R 9/21) – veröffentlicht am 28. September 2023.

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