Berechnung des Grundlohns bei steuerfreien Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit

Der für die Bemessung der Steuerfreiheit von Zuschlägen zur Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit maßgebende Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum arbeitsvertraglich zusteht. Ob und in welchem Umfang der Grundlohn dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließt, ist für die Bemessung der Steuerfreiheit der Zuschläge daher ohne Belang. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Streitig war, ob Zahlungen des Arbeitgebers an eine Unterstützungskasse Teil des Grundlohns im Sinne von § 3b Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind.

Das Finanzamt vertrat im Anschluss an eine bei der Klägerin durchgeführte Lohnsteuer-Außenprüfung die Auffassung, dass die Beiträge der Klägerin an die Unterstützungskasse nicht zum Grundlohn nach § 3b Abs. 2 EStG gehörten. Grundlohn sei danach der laufende Arbeitslohn. Hierunter sei nicht das arbeitsvertraglich geschuldete, sondern das tatsächlich zugeflossene Arbeitsentgelt zu verstehen. Beiträge des Arbeitgebers an eine Unterstützungskasse, die ‑wie vorliegend‑ den Arbeitnehmern keinen eigenen Rechtsanspruch auf Versorgung gegen die Versorgungseinrichtung begründeten, stellten mangels Zufluss keinen laufenden Arbeitslohn dar und gehörten folglich nicht zum Grundlohn. Daher seien die von der Klägerin als steuerfreie Zuschläge behandelten Beträge entsprechend zu vermindern.

Die Klage vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Das Finanzgericht hat die von der Klägerin geleisteten Beiträge an die Unterstützungskasse im Streitzeitraum zu Unrecht nicht in den für die Bemessung der steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit maßgeblichen Grundlohn einbezogen.

Grundlohn (laufender Arbeitslohn) steht dem Arbeitnehmer zu, wenn er diesem bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung geschuldet wird.

Ob und in welchem Umfang der Grundlohn dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließt, ist für die Bemessung der Steuerfreiheit der Zuschläge aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift (zusteht) ohne Belang (vgl. Schmidt/Levedag, EStG, 42. Aufl., § 3b Rz 2; Brandis/Heuermann/Valta, § 3b EStG Rz 14; a.A. Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, § 3b EStG Rz 33; von Beckerath in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 3b Rz 2, unter Bezugnahme auf die Entscheidung der Vorinstanz, und derselbe in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3b Rz B 5).

Sinn und Zweck sowie die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigen dies nach Auffassung des BFH.

Durch die Steuerfreiheit der Zuschläge für den Dienst zu den begünstigten Zeiten soll dem Arbeitnehmer ein finanzieller Ausgleich für die besonderen Erschwernisse und Belastungen der mit Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit verbundenen Arbeitszeiten, die den biologischen und kulturellen Lebensrhythmus stören, gewährt werden (BFH, Urteile vom 15.09.2011, VI R 6/09, BFHE 235, 252, BStBl II 2012, 144, Rz 13 und vom 16.12.2021, VI R 28/19, BFHE 275, 200, BStBl II 2022, 209, Rz 12, jeweils m.w.N.). Dieser Ausgleich kann jedoch nur gelingen, wenn die Höhe der Steuerfreiheit nach dem vereinbarten, nicht aber nach dem tatsächlich zugeflossenen laufenden Arbeitslohn bestimmt wird. Denn nur dann kann der Arbeitnehmer von Anbeginn des Arbeitsverhältnisses und vor Ableistung des Dienstes zu den begünstigten Zeiten ersehen, in welcher Höhe die Zuschläge vom Arbeitgeber steuerfrei zu gewähren sind.

Auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift lässt entgegen der Auffassung des Finanzgerichts nicht erkennen, dass die Steuerfreiheit der in Rede stehenden Zuschläge nach dem tatsächlich zugeflossenen laufenden Arbeitslohn zu bemessen ist. Die derzeit in § 3b EStG enthaltene Steuerbefreiung war vor 1974 in § 34a EStG geregelt. In § 34a EStG i.d.F. vom 01.12.1971 (BGBl I 1971, 1881, 1911) war bereits in Abs. 3 Nr. 2 bestimmt, dass als Grundlohn gelte, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem jeweiligen Lohnzahlungszeitraum an laufenden Geld- und laufenden Sachbezügen "zusteht". In § 3b Abs. 3 Nr. 1 EStG i.d.F. vom 05.09.1974 (BGBl I 1974, 2165, 2172) und § 3b Abs. 3 Nr. 1 EStG i.d.F. vom 21.06.1979 (BGBl I 1979, 721, 729) ist dies inhaltsgleich fortgeführt worden. Mit der Neufassung des § 3b EStG i.d.F. vom 25.07.1988 (BGBl I 1988, 1093, 1094), mit der in Abs. 2 erstmals der Grundlohn als "laufender Arbeitslohn" (und Bemessungsgrundlage für die Steuerfreiheit) definiert wurde, sollte inhaltlich insoweit keine Änderung einhergehen (vgl. BTDrucks 11/2157, S. 138).

Im Übrigen sind auch die Regelungen in R 3b der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) erkennbar davon getragen, dass bei der Ermittlung des Grundlohns nicht auf den zugeflossenen, sondern den arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitslohn abzustellen ist. So ist zum Beispiel die Rechengröße "Basisgrundlohn" nach Auffassung der Finanzbehörden nach dem für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum vereinbarten Grundlohn zu ermitteln (R 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. a LStR).

Fundstelle

BFH, Urteil vom 10. August 2023 (VI R 11/21), veröffentlicht am 26. Oktober 2023.

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