Zeitpunkt der Vereinnahmung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG bei Überweisungen
Bei Überweisungen liegt eine Vereinnahmung des Entgelts im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG)auch dann erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Girokonto des Zahlungsempfängers vor, wenn die Wertstellung (Valutierung) bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirksam wird. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Streitig ist, ob die Vereinnahmung eines Entgelts erst am Tag der Gutschrift des Überweisungsbetrags oder bereits zuvor am Tag der rückwirkenden Wertstellung (Valutierung) vorliegt.
Beim Kläger, dem die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG) zumindest konkludent bewilligt worden war, fand im Juli 2020 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für das zweite Halbjahr 2019 statt. In Auswertung des Prüfungsberichts berücksichtigte das Finanzamt im Umsatzsteuer-Jahresbescheid für das Jahr 2019 (Streitjahr) Entgelte für steuerbare Umsätze. Obwohl dieser Betrag erst am 02.01.2020 auf dem Girokonto des Klägers gebucht worden sei, sei er bereits aufgrund einer rückwirkenden Wertstellung zum 31.12.2019 ‑und damit im Streitjahr‑ im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG vereinnahmt worden.
Die Klage vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte Erfolg.
Entscheidung des BFH
Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Die Vereinnahmung im Sinne von § 13 UStG erfordert, dass der Unternehmer über die Gegenleistung für seine Leistung wirtschaftlich verfügen kann (u.a. BFH-Urteil vom 29.01.1987, V R 53/76, BFHE 149, 295, BStBl II 1987, 516, unter II.1.d).
Bei Überweisungen kommt es daher zur Vereinnahmung im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Girokonto des Zahlungsempfängers (vgl. BFH-Urteil vom 29.11.2022, XI R 2/22, BStBl II 2023, 731, Rz 23).
Für das Vorliegen der Gutschrift ist es unerheblich, ob die Wertstellung (Valutierung) bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirksam wird.
Erfolgt ‑wie im Streitfall‑ die Wertstellung vor dem Tag der Buchung der Gutschrift, steht der Betrag dem Kontoinhaber gleichwohl erst mit der Buchung der Gutschrift zur Verfügung, da er erst ab diesem Zeitpunkt über den Betrag verfügen kann.
Die zeitlich mit Rückwirkung vorgenommene Valutierung ist für die Vereinnahmung im Sinne von § 13 UStG unbeachtlich. Denn maßgeblich ist, dass über die Gegenleistung (als den zu vereinnahmenden Betrag) wirtschaftlich verfügt werden kann (BFH-Urteil vom 22.06.2021, V R 16/20, BFHE 272, 563, Rz 22). Dies erfordert die Verfügungsmöglichkeit über den gutgeschriebenen Betrag und nicht nur eine auf die Zinswirksamkeit bezogene Wertstellung.
Die Einwendungen des Finanzamts hiergegen greifen nicht durch. Dem Verständnis des Finanzamts von Art. 87 Abs. 1 und 2 der Richtlinie (EU) 2015/2366 und § 675t Abs. 1 BGB liegt die Annahme zugrunde, dass diese Vorschriften keine Wertstellung erlaubten, die vor dem Zeitpunkt der Gutschrift liege. Tatsächlich steht im Streitfall die Abwicklung der Überweisung im Einklang mit § 675t Abs. 1 BGB. Danach muss zwar die Wertstellung zu dem Geschäftstag erfolgen, an welchem der Betrag dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers gutgeschrieben wurde. Die Gutschrift darf jedoch am folgenden Geschäftstag auf dem Konto des Überweisungsempfängers gebucht werden, so dass auch dann erst der Anspruch aus der Gutschrift zu seinen Gunsten entsteht (§ 675t Abs. 1 Satz 2 BGB).
Fundstelle
BFH, Urteil vom 17. August 2023 (V R 12/22), veröffentlicht am 2. November 2023.
Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.