§ 4i EStG und niederländische Gruppenbesteuerung

Das Finanzgericht Münster hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass § 4i EStG bei ausländischen Gruppenbesteuerungssystemen mit Vollkonsolidierung von Aufwendungen und Erträgen nicht anzuwenden ist (hier niederländische „fiscale eenheid“).

Sachverhalt

An der Klägerin (Rechtsform einer GmbH & Co. KG) war die in den Niederlanden ansässige C-B.V. als 100%ige Kommanditistin beteiligt. Die Anteile an der C-B.V. wurden zu 100% von der ebenfalls in der in den Niederlanden ansässigen F-B.V. gehalten. Die C-B.V. und die F-B.V. befanden sich in den Streitjahren in einer niederländischen Gruppenbesteuerung für ertragsteuerliche Zwecke (sog. „fiscale eenheid“). Die von der F-BV an die C-BV gewährten Darlehen dienten dazu die Klägerin mit Kapital auszustatten. Entsprechende Schuldzinsen wurden bei der Klägerin als Sonderbetriebsausgaben gewinnmindernd berücksichtigt.

Das Finanzamt vertrat im Rahmen einer nachfolgenden Betriebsprüfung die Ansicht, dass die von C-B.V. an die F-B.V. gezahlten Darlehenszinsen zwar Sonderbetriebsausgaben auf Ebene der Klägerin darstellen, jedoch gleichermaßen im Rahmen des niederländischen Gruppenbesteuerungssystems „fiscale eenheid“ gewinnmindernd berücksichtigt werden. Daher sei eine Minderung der Bemessungsgrundlage sowohl im Inland als auch im Ausland gegeben, wodurch der Anwendungsbereich des § 4i EStG eröffnet sei. Nach Auffassung des Finanzamts sei keine effektive Steuerminderung im anderen Staat erforderlich, sondern ausreichend sei vielmehr die tatsächliche Minderung der Bemessungsgrundlage, was auch in Fällen der Konsolidierung im Rahmen einer Gruppenbesteuerung zu bejahen sei.

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht Münster ist der Auffassung des Finanzamts nicht gefolgt und sah die Klage als begründet an. Nach Auffassung des Finanzgerichts Münster ist § 4i EStG auf den Streitfall nicht anwendbar, da die Steuerbemessungsgrundlage in den Niederlanden nicht durch die Sonderbetriebsausgaben gemindert wurden (Rn. 34).

Dies ist darauf zurückzuführen, dass im Rahmen der niederländischen Gruppenbesteuerung gruppeninterne Transaktionen nicht berücksichtigt werden - d.h. gegenseitige Forderungen und Schulden innerhalb dieser Gruppe sind steuerlich nicht mehr existent (Rn. 39). Diese „Nicht-Existenz“ von gruppeninternen Transaktionen könne folglich auch nicht dazu führen, dass die Zinsaufwendungen zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage führen (Rn. 41, 42).

Darüber hinaus sieht das Finanzgericht Münster für die Beurteilung der Frage, ob für eine Minderung der Steuerbemessungsgrundlage neben den Aufwendungen auch ggf. damit korrespondierende Einnahmen im Wege einer Gesamtbetrachtung einzubeziehen zu berücksichtigen sind, keine Anhaltspunkte (Rn. 43). Hierfür ergebe sich nach Auffassung des Finanzgerichts insbesondere kein Hinweis aus dem Wortlaut des § 4i Satz 1 EStG. Die Regelung des § 4i Satz 1 EStG spricht ausdrücklich nur von Aufwendungen, die zu einer Minderung der Steuerbemessungsgrundlage in einem anderen Staat führen müssen. Insoweit handelt es sich sowohl bei den Zinsaufwendungen der C- B.V. als auch den Zinserträgen der F- B.V. nach Ansicht des Gerichts um zwei verschiedene Sachverhalte, die auch steuerlich getrennt voneinander zu würdigen sind (Rz. 43).

Zudem führt das Finanzgericht aus, dass allein die formale Bilanzierung der schuldrechtlichen Verpflichtungen in den Jahresabschlüssen der niederländischen Gesellschaften (C-B.V. und F-B.V.) sowie der Ausweis der entsprechenden Zinsen zu keinem anderen Ergebnis führe. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die gruppeninternen Transaktionen im Rahmen der vollkonsolidierenden Gruppenbesteuerung vollständig negiert werden und daher für steuerliche Zwecke unbeachtlich sind (Rz. 44).

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

Fundstelle

Finanzgericht Münster, Urteil vom 31. August 2023 (10 K 2613/20 F); die Revision wurde zugelassen, über die Einlegung ist noch nichts bekannt.

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