Höhe nachträglicher Anschaffungskosten bei in der Krise stehen gelassener Darlehen nach § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG

Ein in der Krise stehen gelassenes Darlehen ist im Anwendungsbereich des § 17 Abs. 2a des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit dem zum Zeitpunkt des Eintritts der Krise bestehenden Teilwert zu bewerten. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Streitig ist im Wesentlichen, ob der Verlust aus einem in der Krise stehen gelassenen Gesellschafterdarlehen nach § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit dem Nennwert oder Teilwert zu nachträglichen Anschaffungskosten des Gesellschafters an seiner Beteiligung führt.

Die Klage vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte keinen Erfolg.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) war dem Revisionsverfahren beigetreten. Es führte im Wesentlichen an, durch die Einführung von § 17 Abs. 2a EStG habe sich keine Änderung zur früheren Verwaltungsauffassung ergeben, wonach in der Krise stehen gelassene Darlehen nur in Höhe des im Zeitpunkt des Eintritts der Krise werthaltigen Teils zu nachträglichen Anschaffungskosten im Sinne von § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 1 oder 2 EStG führten. Hierfür sprächen die Gesetzeshistorie sowie der Gesetzeswortlaut als auch die Gesetzessystematik. Die Grundsätze für die Einlage wertgeminderter Gesellschafterdarlehensforderungen aus dem Privat- in ein Betriebsvermögen stünden dem nicht entgegen.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Zutreffend hat das Finanzgericht eine Berücksichtigung des Darlehensverlusts bei den Einkünften aus § 17 EStG versagt. Das Darlehen war mit dem zum Zeitpunkt des Eintritts der Krise bestehenden Teilwert anzusetzen. Dieser Wert betrug im Streitfall 0 €.

Mit dem durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (WElektroMobFördG) vom 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) eingeführten § 17 Abs. 2a EStG hat der Gesetzgeber erstmals eine gesetzliche Grundlage für die im Rahmen der Einkünfteermittlung des § 17 EStG zu berücksichtigenden Anschaffungskosten geschaffen.

Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Berücksichtigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EStG, insbesondere hinsichtlich stehen gelassener Darlehen, gelten hinsichtlich derer Bewertung nach der Einfügung von § 17 Abs. 2a EStG durch das WElektroMobFördG fort.

Der Wortlaut der Norm steht dem nicht entgegen. § 17 Abs. 2a EStG enthält keine Regelung zur Bewertung der nachträglichen Anschaffungskosten. Die in § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG verwendete Formulierung "soweit" verdeutlicht, dass Darlehensverluste nur in dem Umfang zu berücksichtigen sind, wie sie gesellschaftsrechtlich veranlasst sind.

Für eine Anwendung der Grundsätze zur Bewertung nachträglicher Anschaffungskosten entsprechend der gesetzlich überholten Rechtsprechung auf § 17 Abs. 2a EStG spricht zudem der aus den Gesetzesmaterialien erkennbar werdende Wille des Gesetzgebers.

Auch der Sinn und Zweck sprechen für eine Anwendung der Grundsätze zur Bewertung nachträglicher Anschaffungskosten entsprechend der bisherigen Rechtsgrundsätze.

Sowohl das objektive Nettoprinzip als auch die Finanzierungsfreiheit setzen mithin für eine Berücksichtigung eines Darlehensverlusts als nachträgliche Anschaffungskosten bei den Einkünften aus § 17 EStG einen Veranlassungszusammenhang zwischen der Beteiligung und den Aufwendungen voraus. Dieser ist in dem Erfordernis einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung nach § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 und Abs. 2a Satz 4 EStG festgeschrieben.

Eine solche Veranlassung besteht bei stehen gelassenen Darlehen jedoch nur in Höhe ihres Teilwerts bei Eintritt in die Krise. Bei einem stehen gelassenen Darlehen fehlt es zunächst an einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung. Vielmehr tritt diese erst ein, wenn ein fremder Dritter das Darlehen bei Eintritt in die Krise zurückgefordert hätte (§ 17 Abs. 2a Satz 4 EStG; BFH-Urteil vom 04.11.1997, VIII R 18/94, BStBl II 1999, 344, unter 2.b). Daher liegt auch nur in Höhe des Teilwerts des Darlehens zu diesem Zeitpunkt die für eine steuermindernde Berücksichtigung erforderliche gesellschaftsrechtliche Veranlassung vor.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 18. Juli 2023 (IX R 21/21), veröffentlicht am 9. November 2023.

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