Sogenannter Blockerwerb kann § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG unterfallen

Die in § 8b Abs. 4 Satz 6 des Körperschaftsteuergesetzes angeführte Beteiligungsschwelle (10 % des Grund- oder Stammkapitals) kann durch einen aus Sicht des Erwerbers wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang auch dann erreicht werden, wenn an diesem Vorgang mehrere Veräußerer beteiligt sind. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb unterjährig von drei verschiedenen Veräußerern Anteile an einer Kapitalgesellschaft von insgesamt mehr als 10%. Der Umfang der von den einzelnen Veräußerern erworbenen Beteiligungen betrugen für sich genommen jeweils weniger als 10%.

Das Finanzamt erkannte die Anwendung von § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG (sog. Rückwirkungsfiktion; Rückbeziehung eines Erwerbs im laufenden Kalenderjahr auf den Beginn des Kalenderjahres ) aufgrund des mehraktigen unterjährigen Erwerbs der Anteile nicht an und verwies diesbezüglich auf das Beispiel Nr. 5 der Rundverfügung der OFD Frankfurt am Main vom 2.12. 2013 („Keine Beteiligung zu Beginn des Jahres, Hinzuerwerb von 5% von Veräußerer 1 und Hinzuerwerb von 5% von Veräußerer 2“ ), wonach die Regelung des § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG nicht anzuwenden ist, wenn nicht in einem Erwerbsvorgang mindestens 10% erworben werden.

Die Klage vor dem Hessischen Finanzgericht hatte Erfolg (siehe unseren Blogbeitrag).

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht hat dem Klagebegehren ohne Rechtsfehler entsprochen, da die in § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG angeführte Beteiligungsschwelle (10 % des Grund- oder Stammkapitals) durch einen aus Sicht des Erwerbers wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang auch dann erreicht werden kann, wenn an diesem Vorgang mehrere Veräußerer beteiligt sind.

Das Finanzgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass zur Auslegung des in § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG verwendeten Tatbestandsmerkmals des unterjährigen "Erwerb(s) einer Beteiligung von mindestens 10 %" bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist, ob beziehungsweise unter welchen Voraussetzungen ein Erwerb von jeweils unterhalb der genannten Beteiligungsschwelle liegenden Anteilspaketen von mehreren Verkäufern, wenn aber in der Summe der Erwerbe die genannte Beteiligungsschwelle überschritten wird, von der (begünstigenden) Norm erfasst ist.

Der Senat kann die vorgenannte Auslegungsfrage zur generellen Anwendbarkeit des § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG bei mehreren (Teil-)Erwerben mit Blick auf die Besonderheiten des Streitfalls offen lassen, denn die in der Regelung angeführte Beteiligungsschwelle wird durch einen aus Sicht des Erwerbers wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang auch dann erreicht, wenn an diesem Vorgang mehrere Veräußerer beteiligt sind.

Dafür, dass jedenfalls der wirtschaftlich einheitliche Erwerb einer Beteiligung von mindestens 10 % zur Tatbestandserfüllung der Ausnahmeregelung des § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG ausreichen muss, sprechen sowohl die Entstehungsgeschichte als auch der Normzweck.

Das Finanzgericht hat jedenfalls ‑unabhängig davon, dass es der Auffassung gefolgt ist, es komme für § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG nicht darauf an, wann und von wem die Beteiligung von mindestens 10 % erworben worden sei‑ ausdrücklich festgestellt, die im Streitfall maßgebliche (mittelbare) Beteiligung sei von der Klägerin von mehreren Veräußerern "aufgrund eines einheitlichen Entschlusses … durch ein einheitliches schuldrechtliches Rechtsgeschäft" erworben worden. Denn der Erwerb (in einer einheitlichen notariellen Urkunde) beruhe auf einem einheitlichen Erwerbsentschluss und sei auf einen einheitlichen Erwerbszeitpunkt erfolgt.

An diese Feststellungen ist der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Es ist deshalb in der Sache davon auszugehen, dass im Streitfall ein aus der Sicht der Erwerberin wirtschaftlich einheitlicher Erwerbsvorgang vorlag, der der Regelung des § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG unterfällt.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 6. September 2023 (I R 16/21), veröffentlicht am 11. Januar 2024.

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