Nachhaltiger Ankauf notleidender Darlehensforderungen nicht ohne Weiteres originär gewerbliche Tätigkeit
Der nachhaltige Ankauf von notleidenden Darlehensforderungen nebst Sicherungsrechten begründet nicht ohne Weiteres die Annahme einer originär gewerblichen Tätigkeit des Forderungskäufers. Ob die Tätigkeit eines Forderungskäufers die Grenze der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschreitet, ist im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu beurteilen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Zwischen den Beteiligten war streitig, ob die Klägerin im Jahr 2008 (Streitjahr) gewerbesteuerpflichtig war. Gegenstand des Unternehmens der zunächst unter A-GmbH & Co. KG firmierenden Klägerin war laut Gesellschaftsvertrag "der Ankauf von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, Wertpapieren und sonstigen Kapitalanlagen aller Art sowie deren Vermietung, Verpachtung und Verwaltung ihres eigenen Vermögens".
In den Jahren 2004 bis 2006 kaufte die Klägerin mit Genehmigung der Treugeberin von mehreren Banken notleidende Darlehensforderungen unter Nennwert an oder löste Darlehensforderungen durch Zahlung einer unter Nennwert der Gesamtforderungen liegenden Summe gegen Freigabe diverser Sicherheiten ab.
Im Folgenden flossen der Klägerin aus einem Teil der Kauf- und Ablösungsvorgänge unregelmäßig Einnahmen aus den abgetretenen Forderungen sowie den zur Sicherung abgetretenen Vermögensansprüchen zu, etwa Mieteinnahmen oder Auskehrungen von Grundstücksverkaufserlösen.
Nach den Feststellungen des Finanzgerichts war die Klägerin im Streitjahr an der L-GmbH & Co. KG beteiligt, für die bestandskräftig gewerbliche Einkünfte gesondert und einheitlich festgestellt waren. Im Streitjahr nahm die Klägerin an deren Gewinnverteilung jedoch nicht teil.
Die Klägerin erklärte für das Streitjahr ausschließlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen. Eine Gewerbesteuererklärung gab sie für das Streitjahr nicht ab.
Abweichend davon erließ das Finanzamt einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) stehenden Gewerbesteuermessbescheid für das Streitjahr.
Die Klage vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte Erfolg (siehe unseren Blogbeitrag).
Entscheidung des BFH
Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Das Finanzgericht hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin im Streitjahr nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Die Klägerin hat insbesondere keine originär gewerbliche Tätigkeit ausgeübt. Ebenso wenig hat eine etwaige Abfärbung gewerblicher Beteiligungseinkünfte gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 EStG zur Folge gehabt, dass ein nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gegeben war.
Auch die Entscheidung des Finanzgerichts, die Klägerin habe keine Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG erzielt, ist frei von Rechtsfehlern. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Gewerbebetriebs ist nach der Rechtsprechung des BFH im Übrigen, dass die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.06.1984, GrS 4/82; seitdem ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 31.05.2007, IV R 17/05; vom 11.10.2012, IV R 32/10; vom 19.01.2017, IV R 50/14).
Bei einem Forderungskäufer kommt es zur Beurteilung der Frage der Nachhaltigkeit seiner Tätigkeit nicht auf die Verwertungs-, sondern auf die Beschaffungsseite an (Bestätigung der Rechtsprechung).
§ 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alternative 2 des Einkommensteuergesetzes nicht als nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gilt (Bestätigung der Rechtsprechung).
Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alternative 2 EStG gilt die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, wenn die Gesellschaft gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezieht. Dies gilt unabhängig davon, ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 positiv oder negativ sind (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Alternative 2 EStG).
Fundstelle
BFH, Urteil vom 30. November 2023 (IV R 10/21), veröffentlicht am 18. Januar 2024.