Verzicht des Gesellschafters auf unter Nennwert erworbene Genussrechtsforderung
Erwirbt der Gesellschafter eine Genussrechtsforderung gegen die Personengesellschaft unter Nennwert und verzichtet er im Anschluss auf den die Anschaffungskosten übersteigenden Teil der Forderung, entsteht im Gesamthandsbereich ein "Wegfallgewinn", der aus der Minderung der Verbindlichkeit resultiert. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Sie ist Teil einer Firmengruppe, deren Organträger sie ist. Komplementär ist die H GmbH, Kommanditistinnen sind die H Unternehmensverwaltung GmbH (80 %), die XAV AG (10 %) und die XLV AG (10 %). Im Jahr 2004 schloss die Klägerin mit der E LP (Channel Islands) und der P LP (Channel Islands) jeweils eine Genussrechtsvereinbarung (GRV) ab, mit der die Gläubiger der Klägerin (Kreditnehmer) einen Vorschuss von 10 Mio. EUR bzw. 18 Mio. EUR gewährten (nachfolgend: P). Die Verbindlichkeiten aus den GRV wurden von der Klägerin mit ihrem Nennwert von insgesamt 28 Mio. EUR in der Gesamthandsbilanz passiviert.
Laut der Klägerin hatten Ihre Gesellschafter aufgrund der anhaltenden Verluste im Rahmen umfassender Finanzierungsgespräche mit externen Kapitalgebern Forderungen eines Kapitalgebers gegen die Klägerin mit einem Nennwert von 28 Mio. EUR über das inzwischen von den Gesellschaftern der Klägerin gegründeten gemeinsamen Finanzierungsvehikels C Finanz GmbH & Co. KG (C) für einen Kaufpreis von 14 Mio. EUR erworben. Sodann habe die C auf einen Teilbetrag der Forderungen von 14 Mio. EUR verzichtet. Steuerlich liege wegen der ertragsteuerlichen „Volltransparenz“ der C insoweit ein Darlehensverzicht der Gesellschafter vor. Dieser sei nicht erfolgswirksam; der insoweit auf Ebene der Klägerin erzielte handelsrechtliche Ertrag (aus dem Wegfall von Verbindlichkeiten) von 14 Mio. EUR sei steuerlich in einen steuerlichen Ausgleichsposten in der Steuerbilanz einzustellen. Dem folgte das Finanzamt jedoch nicht: Handelsrechtlich sei der Vorgang zutreffend als Ertrag verbucht worden. Entsprechend § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG sei das handelsrechtliche Jahresergebnis Grundlage der steuerlichen Gewinnermittlung. Eine Veranlassung für eine steuerliche Korrektur sei nicht gegeben.
Die Klage vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz hatte Erfolg (siehe unseren Blogbeitrag).
Entscheidung des BFH
Der BFH hat der Revision stattgegeben und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.
Die Auslegung des Finanzgerichts, der (teilweise) Forderungsverzicht sei von den Gesellschaftern der Klägerin nach dem Erwerb der betreffenden Forderungen ausgesprochen worden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Das Finanzgericht ist jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass der im Gesamthandsbereich der Klägerin durch den Forderungsverzicht ausgelöste Ertrag durch die Bildung eines steuerlichen Ausgleichspostens neutralisiert werden konnte.
Durch den Forderungsverzicht in Höhe von 14 Mio. € war die in der Gesamthandsbilanz der Klägerin mit 28 Mio. € ausgewiesene Verbindlichkeit in entsprechender Höhe auszubuchen. Aus der Minderung dieses Passivpostens um 14 Mio. € entsteht ein entsprechender Ertrag. Einer besonderen Rechtsgrundlage dafür, den Ertrag aus der Erhöhung des steuerlichen Betriebsvermögens als steuerpflichtig zu behandeln, bedarf es nicht.
Der mit dem Wegfall der Verbindlichkeit einhergehenden Erhöhung des Gesamthandsvermögens steht keine Einlage oder "Quasi-Einlage" der Gesellschafter der Klägerin gegenüber. Auf die Fragen der betrieblichen oder gesellschaftlichen Veranlassung des Forderungsverzichts und der Werthaltigkeit der Forderung kommt es nicht an.
Die Grundsätze der korrespondierenden Bilanzierung stehen dem nicht entgegen. Der Ertrag kann auch nicht durch die Bildung eines steuerlichen Ausgleichspostens neutralisiert werden.
Eine Rechtsgrundlage für die Bildung eines Ausgleichsposten ist nicht ersichtlich. Eine solche ergibt sich ‑entgegen der Ansicht der Klägerin‑ auch nicht aus § 60 Abs. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV). Eine materiell-rechtliche Rechtsgrundlage für einen steuerlichen Ausgleichsposten ist in § 60 Abs. 2 EStDV nicht zu erblicken.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 16. November 2023 (IV R 28/20), veröffentlicht am 26. Januar 2024.