Abzugsbeschränkung für Verluste von Kapitalgesellschaften aus stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften

Die Verlustverwertungsbeschränkung des § 15 Abs. 4 Satz 6 bis 8 Einkommensteuergesetz ist verfassungsgemäß. Die Beschränkung des Verlustausgleichs auf positive Einkünfte aus derselben stillen Beteiligung als solche verstößt ungeachtet der hierdurch ausgelösten Zins- und Liquiditätsnachteile nicht gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz. Dies hat das Finanzgericht Baden-Württemberg in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

 

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht Baden-Württemberg wies die Klage ab.

Die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags für die Einkünfte aus stillen Beteiligungen i. S. des § 15 Abs. 4 Einkommensteuergesetz zum Schluss der Veranlagungszeiträume 2015, 2016 und 2017 seien rechtmäßig.

Bei den streitgegenständlichen Verlusten handele es sich um Verluste der Klägerin, einer Kapitalgesellschaft, aus einer mitunternehmerischen atypisch stillen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, deren Abzug nach Maßgabe der Regelung in § 15 Abs. 4 Satz 6 und 8 Einkommensteuergesetz beschränkt sei. Dies sei zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Das Gericht sei im Hinblick auf den dem Gesetzgeber zukommenden weitreichenden Entscheidungsspielraum nicht davon überzeugt, dass die Regelung in § 15 Abs. 4 Satz 6 bis 8 Einkommensteuergesetz gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Die Vorschrift beschränke den Verlustausgleich und -abzug von Innengesellschaften in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft dahingehend, dass Verluste über die Vorschrift des § 15a Einkommensteuergesetz hinaus nicht mit Gewinnen aus anderen Einkunftsquellen ausgeglichen und auch nicht vor- oder zurückgetragen werden können. Sie würden jedoch nicht vollständig von einer Verrechnung ausgeschlossen, sondern minderten nach Maßgabe des § 10d Einkommensteuergesetz Gewinne aus derselben stillen Beteiligung vorangegangener oder folgender Wirtschaftsjahre. Das Verlustverrechnungsverbot betreffe nur den Verlustanteil der im Innenverhältnis mitunternehmerisch still beteiligten Kapitalgesellschaft, nicht den der im Außenverhältnis auftretenden Kapitalgesellschaft und - im Hinblick auf die Anwendung von § 15a Einkommensteuergesetz - Verluste des atypisch stillen Beteiligten bis zur Höhe der Vermögenseinlage.

Die in § 15 Abs. 4 Satz 6 bis 8 Einkommensteuergesetz geregelte Beschränkung des Verlustausgleichs bzw. der Verlustverrechnung auf positive Einkünfte aus derselben stillen Beteiligung als solche verstoße ungeachtet der hierdurch ausgelösten Zins- und Liquiditätsnachteile nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Vorschrift beschränke die Verlustverrechnungsmöglichkeiten von Kapitalgesellschaften, die sich als stille Gesellschafter mit einer Vermögenseinlage, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaft beteiligen. Diese Mitunternehmer würden somit stärker belastet als andere Mitunternehmer, die dieser Beschränkung nicht unterlägen. Diese Ungleichbehandlung sei jedoch bei Vorliegen eines besonderen sachlichen Grundes gerechtfertigt. Als besondere sachliche Gründe, die eine Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermögen, seien die Bekämpfung missbräuchlicher Gestaltungen sowie Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse. Der Gesetzgeber verfolge mit der Regelung das Ziel, die Abschaffung der Mehrmütterorganschaft abzusichern. Trotz der bestehenden erheblichen rechtlichen Unterschiede zwischen der Mehrmütterorganschaft und der atypisch stillen Gesellschaft erachte es der Senat nicht als willkürlich, wenn der Gesetzgeber mit Rücksicht darauf, dass die mit Mehrmütterorganschaften verfolgten Ziele von Verlustzuweisungen faktisch auch durch Innengesellschaften erreicht werden könnten, Vorschriften zum Ausschluss von Umgehungsmöglichkeiten für erforderlich gehalten habe.

Soweit die Verfassungswidrigkeit in der unterschiedlichen Behandlung von im Innenverhältnis an Kapitalgesellschaften beteiligten Kapitalgesellschaften einerseits und anderen Mitunternehmerschaften andererseits gesehen werde, sei darauf zu verweisen, dass der Gesetzgeber mit der tatbestandlichen Begrenzung der Vorschrift auf Kapitalgesellschaften und mitunternehmerische Innengesellschaften nicht Kapitalgesellschaften gegenüber natürlichen Personen bzw. Außengesellschaften benachteiligen, sondern den Tatbestand der Umgehungsschutzbestimmungen typisierend auf den für bedeutsam erachteten Fall des Kapitalgesellschaftskonzerns beschränken wollte. Hiermit habe er seine Befugnis zur Typisierung nicht überschritten. Soweit der Anwendungsbereich der Vorschrift als zu weitgehend angesehen werde, da auch nicht beherrschende Beteiligungen erfasst würden und damit das Kernanliegen des Gesetzgebers überschritten werde, so sei dies dem mit jeder Typisierung verbundenen Ziel der Vereinfachung und einem möglichst praktikablen Gesetzesvollzug geschuldet.

Fundstelle

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Mai 2023 (3 K 1694/19); die Revision ist beim BFH unter dem Az. XI R 20/23 anhängig, siehe den Newsletter 2/2023 des Finanzgerichts.

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