EuGH-Vorlage: Finanzgericht Köln hält höhere Schenkungsteuer für die Errichtung einer ausländischen Familienstiftung für europarechtswidrig

Das Finanzgericht Köln hat europarechtliche Zweifel daran, ob einer in Liechtenstein ansässigen Familienstiftung das für inländische Familienstiftungen geltende sog. Steuerklassenprivileg im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer vorenthalten werden darf und hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg diese Frage zur Entscheidung vorgelegt.

Hintergrund

Die für das Verfahren relevante Fassung des § 15 Abs. 2 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes lautet:

§ 15 Steuerklassen

(2) 1In den Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 1 und § 7 Abs. 1 Nr. 8 ist der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Schenker zugrunde zu legen, sofern die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien im Inland errichtet ist. ² … 3In den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 wird der doppelte Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 gewährt; die Steuer ist nach dem Prozentsatz der Steuerklasse I zu berechnen, der für die Hälfte des steuerpflichtigen Vermögens gelten würde.

 (Hervorhebungen durch die Pressestelle des Finanzgerichts Köln)

Sachverhalt

Eine in Deutschland lebende Stifterin hatte der Klägerin, einer nach liechtensteinischem Recht errichteten und dort ansässigen sog. Familienstiftung, Vermögen zugewandt. Begünstigte der Stiftung sind die Kinder und Enkelkinder der Stifterin. Mit der zur Errichtung eingereichten Schenkungsteuererklärung begehrte die Klägerin die Festsetzung der Schenkungsteuer unter Berücksichtigung eines Freibetrags in Höhe von 200.000 Euro sowie die Anwendung eines Steuersatzes von 19 % nach Steuerklasse I.

Die Vorschrift über das sog. Steuerklassenprivileg gemäß § 15 Abs. 2 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG), wonach sich der Steuersatz nach dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen den von der Stiftung begünstigten Personen und der stiftenden Person richtet, sei erweiternd auch auf ausländische Stiftungen anzuwenden. Denn die nach dem Wortlaut der Vorschrift auf inländische Stiftungen beschränkte Begünstigung verstoße gegen die europäische Kapitalverkehrsfreiheit.

Das beklagte Finanzamt setzte die Schenkungsteuer ohne Berücksichtigung des Steuerklassenprivilegs fest (Berücksichtigung eines Freibetrags in Höhe von lediglich 20.000 Euro und Anwendung eines Steuersatzes von 30 % nach Steuerklasse III).

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht Köln bezweifelt in seinem Vorlagebeschluss, dass die Ungleichbehandlung der Liechtensteiner Stiftung europarechtlich gerechtfertigt ist und hat dem Gerichtshof der Europäischen Union deshalb gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) vom 2. Mai 1992 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats über die Erhebung der Erbschaft- und Schenkungsteuer entgegensteht, die für die Besteuerung des Übergangs von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden an eine ausländische Stiftung auch dann die höchste Steuerklasse III zugrunde legt, wenn die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist (Familienstiftung), während sich im entsprechenden Fall bei einer inländischen Familienstiftung die Steuerklasse nach dem Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Schenker (Stifter) richtet, was bei der inländischen Familienstiftung zur Anwendung der günstigeren Steuerklassen I oder II führt.

Fundstelle

Finanzgericht Köln, Beschluss vom 30. November 2023 (7 K 217/21); vgl. die Pressemitteilung vom 11. März 2024, das Vorlageverfahren ist beim EuGH unter dem Az.: C-142/24 anhängig.

Eine englische Zusammenfassung des EuGH-Vorlagebeschlusses finden Sie hier.

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