EuGH-Schlussanträge: Umsatzsteuer bei Verwendung von Karten oder Applikationen zum Aufladen von E-Fahrzeugen

Das schwedische Vorabentscheidungsersuchen betrifft eine deutsche Gesellschaft, die Nutzern von Elektrofahrzeugen in Schweden Zugang zu einem Netzwerk von Ladepunkten ermöglicht, die von dortigen Ladepunktbetreibern zu Verfügung gestellt werden. Nach der Einschätzung der Generalanwältin impliziert dies, dass die verbrauchte Elektrizität dem Nutzer vom genannten Betreiber geliefert wird und das Unternehmen, das den Zugang zu diesen Ladepunkten anbietet, bei diesen Lieferungen als Kommissionär auftritt.

Hintergrund

Der Sitz von DCS ist in Deutschland, sie hat keine feste Niederlassung in Schweden. Sie stellt Nutzern von Elektrofahrzeugen in Schweden Zugang zu einem Netzwerk von Ladepunkten zur Verfügung (Informationen über die Preise, Standorte und Verfügbarkeit der Ladepunkte neben Funktionen für das Auffinden von Ladepunkten sowie für die Routenplanung). Die Ladepunkte, die zum Netzwerk gehören, werden nicht von DCS bereitgestellt, sondern von Ladepunktbetreibern, mit denen DCS Verträge abgeschlossen hat. Um Fahrzeuge an den Ladestationen aufzuladen, stattet DCS die Nutzer mit einer Karte und einer Authentifizierungsapplikation aus. Bei Verwenden der Karte oder Applikation wird das Aufladen beim Ladepunktbetreiber registriert, der dann DCS diesen Ladevorgang in Rechnung stellt.

Schlussanträge

Vorbemerkung: Der EuGH hatte bereits entschieden, dass der komplexe Umsatz, der in der Übertragung von Elektrizität an die Batterie eines Elektrofahrzeugs sowie im Zugang zu den Ladevorrichtungen und zur notwendigen technischen sowie IT‑Unterstützung besteht, eine Lieferung von Gegenständen darstellt (siehe Urteil vom 20. April 2023, Dyrektor Krajowej Informacji Skarbowej C‑282/22; siehe Blogbeitrag vom 20. April 2023). Insofern ist die erste Frage des vorlegenden Gerichts geklärt. Auf Ersuchen des Gerichtshofs beschränken sich die vorliegenden Schlussanträge daher auf die Würdigung der zweiten Frage.

Die mit der Lieferung von Elektrizität verbundenen Umsätze betreffen die Rechtsbeziehung zwischen dem jeweiligen Ladepunktbetreiber und DCS und diejenige zwischen DCS und dem jeweiligen Karten- bzw. Applikationsnutzer. Es besteht keine direkte Rechtsbeziehung zwischen den Ladepunktbetreibern und den Karten- bzw. Applikationsnutzern. Dies impliziere, so die Generalanwältin, dass die verbrauchte Elektrizität diesem Nutzer vom genannten Betreiber geliefert wird und das Unternehmen (DSC), das den Zugang zu diesen Ladepunkten anbietet, bei diesen Lieferungen als Kommissionär im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Buchst. c dieser Richtlinie auftritt.

Nur wenn die beiden Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 2 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie (das Vorliegen eines Auftrags und die Gleichartigkeit der Leistungen) nicht erfüllt wären, wäre Art. 14 Abs. 1 im Ausgangsverfahren anwendbar (sogenanntes „Kauf- und Verkaufsmodell“). Es ist Sache des nationalen Gerichts zu prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind.

Unter den Umständen der vorliegenden Rechtssache scheinen daher beide Voraussetzungen – das Vorliegen eines Auftrags und die Gleichartigkeit der Leistungen – erfüllt zu sein und folglich passt das Modell der Einkaufskommission tatsächlich auf die in Rede stehenden Umsätze.

Zwar fordert der jeweilige Karten- bzw. Applikationsnutzer DCS nicht bei jedem Ladevorgang ausdrücklich auf, Elektrizität für seine Rechnung zu kaufen. Der Gerichtshof habe jedoch im Urteil vom 21. Januar 2021, UCMR – ADA (C‑501/19) bereits entschieden, dass ein Käufer einen Kommissionär einen Auftrag nicht ausdrücklich erteilen muss. Alternativ kann das Vorzeigen der Karte bzw. Applikation beim Ladepunkt als ein dem Kommissionär erteilter Auftrag verstanden werden, eine gewisse Menge Elektrizität zu kaufen.

Fundstelle

EuGH, Schlussanträge vom 25. April 2024 in der Rechtssache C60/23 Digital Charging Solutions

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