Aufwendungen für Präimplantationsdiagnostik als außergewöhnliche Belastungen
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass Aufwendungen einer gesunden Steuerpflichtigen für eine durch eine Krankheit des Partners veranlasste Präimplantationsdiagnostik (PID) als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein können.
Hintergrund
Bei der PID handelt es sich um ein genetisches Diagnoseverfahren zur vorgeburtlichen Feststellung von Veränderungen des Erbmaterials, die eine Fehl- oder Totgeburt verursachen bzw. zu einer schweren Erkrankung eines lebend geborenen Kindes führen können. Es erfolgt eine zielgerichtete genetische Analyse von Zellen eines durch künstliche Befruchtung entstandenen Embryos vor seiner Übertragung und Einnistung in die Gebärmutter.
Sachverhalt
Im Streitfall lag bei dem Partner der Klägerin eine chromosomale Translokation vor. Aufgrund dieser Chromosomenmutation bestand eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein auf natürlichem Weg gezeugtes gemeinsames Kind an schwersten körperlichen oder geistigen Behinderungen leidet und unter Umständen nicht lebensfähig ist. Daher wurde eine PID durchgeführt. Der Großteil der hierfür notwendigen Behandlungen betraf die Klägerin, die den Abzug der entsprechenden Kosten als außergewöhnliche Belastungen im Sinne von § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes beantragte. Das Finanzamt lehnte eine Berücksichtigung der Behandlungskosten ab.
Das Niedersächsische Finanzgericht gab der Klage hinsichtlich der von der Klägerin selbst getragenen Aufwendungen statt.
Entscheidung des BFH
Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.
Die Aufwendungen für die Behandlung der Klägerin seien zwangsläufig entstanden, weil die ärztlichen Maßnahmen in ihrer Gesamtheit dem Zweck dienten, eine durch Krankheit beeinträchtigte körperliche Funktion ihres Partners auszugleichen. Wegen der biologischen Zusammenhänge habe anders als bei anderen Erkrankungen durch eine medizinische Behandlung allein des erkrankten Partners keine Linderung der Krankheit eintreten können. Daher stehe der Umstand, dass die Klägerin selbst gesund sei, der Berücksichtigung der Aufwendungen nicht entgegen.
Unschädlich war auch, dass die Klägerin und ihr Partner nicht verheiratet waren. Schließlich war auch das Erfordernis der Übereinstimmung der vorgenommenen Behandlungsschritte mit gesetzlichen Vorschriften –insbesondere dem Embryonenschutzgesetz– erfüllt.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 29. Februar 2024 (VI R 2/22), veröffentlicht am 10. Mai 2024, vgl. die Pressemitteilung 023/24.