Zeitpunkt der Veränderung des steuerlichen Einlagekontos gem. § 29 KStG bei Abwärtsverschmelzung

Das Finanzgericht Düsseldorf hat mit zwei inhaltsgleichen Urteilen entschieden, dass die in § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG genannte „Bilanz, die dem Vermögensübergang zu Grunde liegt“, die Bilanz i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 1 UmwG meint und die umwandlungsbedingten Veränderungen des steuerlichen Einlagekontos gem. § 29 KStG in dem Wirtschaftsjahr vorzunehmen sind, in das der steuerliche Übertragungsstichtag fällt (so auch UmwStE 2011, Rn. K.09).

Sachverhalt

Im Streitfall wurde eine AG auf ihre 100%-ige Tochtergesellschaft verschmolzen (Down-Stream Merger). Nach dem Verschmelzungsvertrag sollte die Übernahme des Vermögens der übertragenden Gesellschaft im Innenverhältnis mit Wirkung zum 31.12.2018 0:00 Uhr erfolgen und der Verschmelzung die Schlussbilanz der Überträgerin auf den 30.6.2019 zugrunde gelegt werden. Die finale Anmeldung der Verschmelzung zum Handelsregister erfolgte am 15.10.2019 unter Einreichung einer Bilanz auf den 30.6.2019 der übertragenden Rechtsträgerin. Nach Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister nahm die Übernehmerin Ausschüttungen an ihre Gesellschafter in den Jahren 2019 und 2020 vor.

Streitig ist zum einen der Zeitpunkt des steuerlichen Übertragungsstichtags und zum anderen die damit verbundene Auswirkung auf den festzustellenden Endbestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2018 bei der übertragenden Gesellschaft (Az. 7 K 2493/21 F, AO) bzw. übernehmenden Gesellschaft (Az. 7 K 2491/21 F). Nach Auffassung des Finanzamts seien die Folgen der Verschmelzung auf die Ermittlung des Endbestands des steuerlichen Einlagekontos gem. § 29 KStG nicht zum 31.12.2018 zu ziehen, da der steuerliche Übertragungsstichtag in das Jahr 2019 fiele.

Richterliche Entscheidung

Das Finanzgericht Düsseldorf hat sich der Auffassung der Verwaltung angeschlossen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin sei mit der in § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG genannten „Bilanz, die dem Vermögensübergang zu Grunde liegt“, die Bilanz i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 1 UmwG gemeint. Dies entspräche der bisherigen BFH-Rechtsprechung sowie der h.A. im Schrifttum.

Zwar sei – anders als in § 20 Abs. 6 UmwStG – in § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG kein ausdrücklicher Verweis auf § 17 Abs. 2 UmwG enthalten. Gleichwohl ergebe sich insbesondere im Rahmen einer historischen Auslegung, dass der Gesetzgeber eine steuerliche Rückwirkung nur in Abhängigkeit von der handelsrechtlichen Regelung und der dort enthaltenen Frist (§ 4 Abs. 2 UmwG a.F. von 6 Monaten (jetzt § 17 Abs. 2 UmwG mit 8 Monaten)) eintreten sollte.

Im Streitfall lag der Verschmelzung die Bilanz der übertragenden Gesellschaft zum 30.6.2019 als der Bilanz i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 1 UmwG zugrunde, sodass dieses Datum auch der steuerliche Übertragungsstichtag sei. Der Umstand, dass als Verschmelzungsstichtag im Verschmelzungsvertrag der 31.12.2018, 0.00 Uhr vereinbart war, stehe dem nicht entgegen. Denn § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG stelle für den steuerlichen Übertragungsstichtag auf den Stichtag der Bilanz ab, die dem Vermögensübergang zugrunde liege (hier der 30.6.2019).

Auf den Inhalt des Verschmelzungsvertrags und die dort enthaltenen Regelungen zum Verschmelzungsstichtag, die sich schon dem Vertragswortlaut nach nur auf das Innenverhältnis beziehen, komme es daher insoweit nicht an, da der steuerrechtlich maßgebliche Zeitpunkt für den fiktiven Vermögensübergang nach § 2 Abs. 1 UmwStG nicht durch die an den Umwandlungsvorgängen beteiligten Körperschaften bestimmt werden könne, sondern in Abhängigkeit von der der Übertragung zugrunde gelegten Bilanz stehe. Da der Zugang zum steuerlichen Einlagekonto in dem Wirtschaftsjahr vorzunehmen sei, in das der steuerliche Übertragungsstichtag fällt (hier 2019), sei die Verschmelzung nicht schon bei den Feststellungen auf den 31.12.2018 zu berücksichtigen gewesen.

Eine verfassungswidrige Übermaßbesteuerung sei nicht erkennbar. Unter anderem solle § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG gerade zugunsten der Steuerpflichtigen wirken und diene im Wesentlichen Praktikabilitätsgründen, da es ohne diese Regelung für steuerliche Zwecke – ohne Rückwirkung – immer auf den Zeitpunkt des Eintritts der dinglichen Rechtswirkungen ankäme, d.h. das Einkommen und Vermögen des übertragenden Rechtsträger auf den Tag der Registereintragung (oder ggf. des früheren Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums) zu ermitteln wäre.

Das Finanzgericht hat die Revision bei beiden Urteilen nicht zugelassen.

Fundstelle

Finanzgericht Düsseldorf, Urteile vom 13. März 2024 (7 K 2491/21 F und 7 K 2493/21 F, AO); siehe den Newsletter Mai 2024 des Finanzgerichts.

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