EuGH-Vorlage zum Aufteilungsgebot beim ermäßigten Steuersatz bei unselbständiger Nebenleistung zur Beherbergung

Der Bundesfinanzhof hat dem Europäischen Gerichtshof in drei Fällen Fragen zum Aufteilungsgebot in Bezug auf die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 Umsatzsteuergesetz bei unselbständigen Nebenleistungen zur kurzfristigen Beherbergung zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Hintergrund

kostenlose Zurverfügungstellung von Parkplätzen.

Die Klägerin betrieb ein Hotel und Restaurant. Die Gäste erhielten zur Übernachtung auch ein Frühstück, das mit jeweils 4,50 € verrechnet wurde, soweit ein Gast auf Anfrage nur eine Übernachtung ohne Frühstück in Anspruch nehmen wollte. Hotel und Restaurant verfügten über einen eigenen Parkplatz, der kostenfrei genutzt werden konnte. Die Klägerin wies für Übernachtung, Frühstück und Parkplatz als einheitliche Leistung den ermäßigten Steuersatz von 7 % aus. Das Finanzamt vertritt die Auffassung, die Leistungen für Frühstück und Parkplatz seien mit dem Regelsteuersatz von 19 % zu besteuern.

Das Sächsische Finanzgericht hatte die Klage abgewiesen. Frühstück und die Parkplatzgestellungen seien keine Nebenleistungen zur Beherbergung, sondern selbständige Hauptleistungen.

Vorlagebegründung des BFH

Eine Leistung ist nicht als Nebenleistung zur kurzfristigen Vermietung (Beherbergung von Fremden), sondern als Hauptleistung anzusehen, wenn sie der Mieter (hier: der Hotelgast) einzeln - wie zum Beispiel nach Anzahl der Frühstücksleistungen oder Parkdauer - hinzubuchen oder abwählen kann und sich hierdurch das Entgelt dementsprechend erhöht oder verringert. In einem solchen Fall sind Leistungen, die neben der Vermietung zur kurzfristigen Beherbergung erbracht werden, grundsätzlich als von dieser getrennt zu betrachten. Ist dagegen die neben der kurzfristigen Vermietung zur Beherbergung erbrachte Leistung so eng mit dieser verbunden, dass sie vom Leistungsempfänger weder hinzugebucht noch abgewählt werden kann, ist grundsätzlich von einer unselbständigen Nebenleistung zur Hauptleistung auszugehen, die das Schicksal der Hauptleistung teilt.

Insofern handelt es sich bei der Überlassung von Parkplätzen an Hotelgäste im Streitfall um eine Nebenleistung zur Beherbergungsleistung, da sie weder hinzugebucht noch abgewählt werden konnte. Hinsichtlich des Frühstücks, welches vom Gast auch abgewählt werden konnte, liege eine selbständige Leistung vor, so der BFH.

Der BFH ist der Auffassung, dass seine Rechtsprechung, wonach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) auch insoweit unionsrechtskonform ist, als er ein Aufteilungsgebot für Leistungen normiert, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, nach Ergehen der EuGH-Urteile Stadion Amsterdam vom 18.01.2018 - C-463/16, sowie Finanzamt X vom 04.05.2023 - C-516/21 nicht mehr zweifelsfrei im Sinne des Art. 267 AEUV ist.

Der EuGH ist nach Auffassung des BFH weder in seinem Urteil Stadion Amsterdam noch in seinem Urteil Finanzamt X von seinem Urteil Kommission/Frankreich vom 06.05.2010 - C-94/09 abgewichen. Eine selektive Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ist daher nach Auffassung des BFH nach wie vor nicht ausgeschlossen, sondern zulässig, sofern sie keine Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung nach sich zieht.

Fundstelle

BFH, EuGH-Vorlage vom 10. Januar 2024, XI R 11/23 (XI R 34/20) – veröffentlich am 13. Juni 2024.

Ein zweites Verfahren XI R 13/23 (XI R 7/21) betrifft die Anwendungen des ermäßigten Steuersatzes auf Frühstücksleistungen. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb eine Fremdenpension. Sie bot ihren Gästen ausschließlich Übernachtungen inklusive Frühstück zu einem pauschalen Gesamtpreis an. Für Übernachtungsgäste bestand keine Möglichkeit, auf das Frühstück zu verzichten. Für die erbrachten Leistungen stellte die Klägerin Rechnungen aus, welche Bruttobeträge für die Übernachtung mit Frühstück enthielten. Steuersätze oder Steuerbeträge wurden nicht ausgewiesen.

Der dritte Vorlagefall XI R 14/23 (XI R 22/21) bezieht sich auf die Bereitstellung von Parkplätzen, Fitness- und Wellnesseinrichtungen sowie eines hoteleigenes drahtloses W-LAN.

In beiden Fällen verweist der BFH auf seine Begründung zur o.g. Vorlagefrage in der Rechtssache XI R 11/23 (XI R 34/20).

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