Steuerbefreiung beim Grundstückserwerb aus Anlass des Übergangs von öffentlich-rechtlichen Aufgaben

Der Erwerb eines Grundstücks durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts erfolgt nicht aus Anlass des Übergangs von öffentlich-rechtlichen Aufgaben, wenn bei der übertragenden juristischen Person des öffentlichen Rechts zu keinem Zeitpunkt die öffentlich-rechtliche Aufgabe und das Eigentum an dem Grundstück zusammengefallen sind. Dies hat der BFH in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin ist ein Studierendenwerk mit Sitz in A in der Form einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Ihr obliegt die Aufgabe der Errichtung und Bewirtschaftung von Einrichtungen für das studentische Wohnen.

Die Klägerin bewirtschaftet unter anderem ein Studierendenwohnheim in der XY Straße in A. Zur Zeit der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) stand das Grundstück im Eigentum des Volkes. Rechtsträger war der Rat der Stadt A. Seit dem Jahr 1971 wurde das Grundstück überwiegend als Studierendenwohnheim genutzt. Nachdem im Jahr 1991 zunächst die Stadt A als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden war, wurde das Grundstück im Jahr 2003 nach Art. 22 Abs. 1 Satz 7 i.V.m. Art. 21 Abs. 3 Halbsatz 1 des Einigungsvertrags vom 31.08.1990 (BGBl II 1990, 889) auf die Universität der Stadt A (Universität) übertragen. Diese bestellte im Jahr 2011 ein Erbbaurecht zugunsten der Klägerin an dem Grundstück. Die Bestellung des Erbbaurechts erfolgte zum Zweck der Errichtung und des Betreibens von Studierendenwohnheimen und mit diesen im Zusammenhang stehenden Nebeneinrichtungen im Rahmen der gesetzlichen Aufgabe der Klägerin.

Wegen der Bestellung des Erbbaurechts setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer gegen die Klägerin fest.

Mit dem gegen den Grunderwerbsteuerbescheid gerichteten Einspruch machte die Klägerin geltend, ihr Erwerb sei nach § 4 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) von der Besteuerung ausgenommen.

Die Klage vor dem Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Der notariell beurkundete Vertrag aus dem Jahr 2011 über die Bestellung eines Erbbaurechts zugunsten der Klägerin ist ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbarer Vorgang.

Der Erwerb des Erbbaurechts durch die Klägerin von der Universität ist nicht nach § 4 Nr. 1 Alternative 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit. Die Bestellung des Erbbaurechts erfolgte nicht aus Anlass des Übergangs einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe von der Universität auf die Klägerin.

Das Tatbestandsmerkmal des § 4 Nr. 1 Alternative 1 GrEStG "aus Anlass" setzt voraus, dass sich die öffentlich-rechtliche Aufgabe und das Grundstückseigentum vor deren Übergang auf die andere juristische Person des öffentlichen Rechts einmal zeitgleich in der Hand der übertragenden juristischen Person des öffentlichen Rechts befunden haben.

Die Universität hatte jedoch zu keinem Zeitpunkt zeitgleich das Eigentum an dem mit dem Studierendenwohnheim bebauten Grundstück und die öffentlich-rechtliche Aufgabe der Bewirtschaftung dieses Studierendenwohnheims inne.

Die Klägerin bewirtschaftet das Studierendenwohnheim seit ihrer Gründung durch die Vorläufige Satzung des Studentenwerkes vom 08.03.1991. Ob die Universität vor dem 08.03.1991 mit der Aufgabe der Bewirtschaftung des Studierendenwohnheims betraut war, kann daher dahinstehen, da sie das Eigentum an dem streitgegenständlichen Grundstück erstmals im Jahr 2003 erworben hat. Die Erbbaurechtsbestellung im Jahr 2011 kann daher nicht aus Anlass der Aufgabenzuweisung an die Klägerin im Sinne des § 4 Nr. 1 Alternative 1 GrEStG erfolgt sein.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 28. Februar 2024 (II R 45/21), veröffentlicht am 1. August 2024.

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