Wegfall der Antragsvoraussetzungen nach der Option zum Teileinkünfteverfahren

Nach einer wirksamen Antragstellung ist das Vorliegen der materiell-rechtlichen Antragsvoraussetzungen gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG in den folgenden vier Veranlagungszeiträumen vom Finanzamt zu unterstellen. Die Beteiligungsvoraussetzungen müssen nur für das erste Antragsjahr erfüllt sein; ihr Wegfall in einem der folgenden vier Veranlagungszeiträume ist unerheblich. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger war Gesellschafter der K-GmbH. Am Stammkapital der K-GmbH war er seit dem Anteilserwerb bis zur Veräußerung des Anteils zu einem Drittel beteiligt. Die Anschaffungskosten des Geschäftsanteils hatte der Kläger fremdfinanziert, wobei nach der Veräußerung ein Schuldüberhang aus dem Finanzierungsdarlehen verblieb, auf den der Kläger im Jahr 2010 und in den Jahren 2011 bis 2014 (Streitjahre) noch Schuldzinsen zahlte.

In der Einkommensteuererklärung für den nicht streitbefangenen Veranlagungszeitraum 2010 erklärten die Kläger Verluste aus der Veräußerung der Beteiligung an der K-GmbH gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und beantragten die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG für die Bezüge aus der Beteiligung und den Abzug der angefallenen nachträglichen Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.

Für die Streitjahre wird der Kläger mit der Klägerin zusammen veranlagt. Er machte die gezahlten Schuldzinsen unter Beachtung des Teilabzugsverbots gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG zu jeweils 60 % als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Für die Streitjahre 2011 und 2012 wurden diese Werbungskosten in den Einkommensteuerbescheiden der Kläger zunächst berücksichtigt.

Nach einer Betriebsprüfung wurden die Schuldzinsen nicht mehr als Werbungskosten abgezogen. Das Finanzamt sah wegen der Veräußerung der Beteiligung die Antragsvoraussetzungen gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG nicht mehr als erfüllt an. Demnach seien die Werbungskosten gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG nicht mehr abzugsfähig.

Das Teileinkünfteverfahren dürfe innerhalb des Fünfjahreszeitraums einer wirksamen Option gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG ab dem Zeitpunkt nicht weiter angewendet werden, ab dem der Steuerpflichtige nicht mehr Anteilseigner sei. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG beinhalte lediglich eine Nachweiserleichterung für die Antragsvoraussetzungen, fingiere diese aber nicht. Die abweichenden Grundsätze im Urteil des BFH vom 12.12.2023, VIII R 2/21 (siehe unseren Blogbeitrag) seien nicht anwendbar, wenn die Beteiligung nach der Antragstellung veräußert werde.

Die Klage vor dem Finanzgericht Köln hatte Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht hat zutreffend entschieden, dass die Schuldzinsen in den Streitjahren Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen sind. Da der Kläger für den Veranlagungszeitraum 2010 für die Beteiligung an der K-GmbH den Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG wirksam gestellt hat, sind diese Werbungskosten auch in den Streitjahren als Folgejahren wie vom Finanzgericht erkannt bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen zu 60 % abzuziehen

Ein Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 Halbsatz 1 i.V.m. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG kann für denjenigen Veranlagungszeitraum, in dem die Beteiligung veräußert wird, als erstes Antragsjahr gestellt werden, wenn der Antragsteller in diesem Veranlagungszeitraum bis zur Veräußerung zu irgendeinem Zeitpunkt in ausreichendem Umfang an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist (ebenso BMF, Schreiben vom 19.05.2022, BStBl I 2022, 742, Tz. 139).

Das Erzielen von Kapitalerträgen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG in diesem Veranlagungszeitraum ist nicht erforderlich; es genügt die abstrakte Möglichkeit aus der Beteiligung in diesem Veranlagungszeitraum Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG erzielen zu können (BMF, Schreiben vom 19.05.2022, BStBl I 2022, 742, Tz. 143).

Nach einer wirksamen Antragstellung ist das Vorliegen der materiell-rechtlichen Antragsvoraussetzungen gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG in den folgenden vier Veranlagungszeiträumen vom Finanzamt zu unterstellen. Die Beteiligungsvoraussetzungen müssen nur für das erste Antragsjahr erfüllt sein; ihr Wegfall in einem der folgenden vier Veranlagungszeiträume ist unerheblich.

Nachlaufende Beteiligungsaufwendungen sind unter Beachtung des Teilabzugsverbots als Werbungskosten auch dann abziehbar, wenn der Anteilseigner die Beteiligung im ersten Antragsjahr veräußert und in den folgenden vier Veranlagungszeiträumen ausschließlich Aufwendungen anfallen.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 17. Juli 2024 (VIII R 37/23), veröffentlicht am 19. September 2024.

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

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