Dem Unternehmen "dienende" Gegenstände als Voraussetzung der Haftung des Eigentümers für Steuern des Unternehmens

Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs sind dem Unternehmen dienende Gegenstände im Sinne von § 74 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung solche, die für die Führung des Betriebs und die Erzielung steuerbarer Umsätze von wesentlicher Bedeutung sind. Die Gründe für die wesentliche Bedeutung sind hierbei unerheblich.

Hintergrund

Gehören Gegenstände, die einem Unternehmen dienen, nicht dem Unternehmer, sondern einer an dem Unternehmen wesentlich beteiligten Person, so haftet gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) der Eigentümer der Gegenstände mit diesen für diejenigen Steuern des Unternehmens, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet. Die Haftung erstreckt sich jedoch nur auf die Steuern, die während des Bestehens der wesentlichen Beteiligung entstanden sind. Diese Vorschrift soll durch ihre Haftungsregelung eine Möglichkeit der Realisierung von Betriebssteuerschulden für den Fall schaffen, dass in dem Betrieb dienende Gegenstände sich nicht im Eigentum des Unternehmers befinden.

Im Haftungszeitraum war die Klägerin zu 50 % am Kapital der X-Gesellschaft beteiligt. Ursprünglich verpachtete die Klägerin an die X-Gesellschaft Sachanlagevermögen, welches in ihrem Eigentum stand, und zwar Grund und Boden, Bürogebäude. Hierbei handelte es sich um das erforderliche Sachanlagevermögen. Die Verpachtung beruhte auf einem Pachtvertrag. Im Zuge einer Neuordnung der Zusammenarbeit verpachtete die X-Gesellschaft aufgrund eines Betriebspachtvertrags ihren gesamten Betrieb an die Y-Gesellschaft. Nach Eintritt wirtschaftlicher Schwierigkeiten wurden für die Y-Gesellschaft und die X-Gesellschaft Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt.

Das Finanzamt nahm die Klägerin für Umsatzsteuerrückstände der X-Gesellschaft gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1, § 74 AO in Haftung, und zwar dinglich beschränkt auf die der X-Gesellschaft überlassenen Grundstücke. Das Finanzgericht hatte die Klage abgewiesen. Die Klägerin meinte, der Begriff des "Dienens" sei kein rechtstechnischer, sondern als Synonym für "nützlich sein" zu verstehen. Die Grundstücksverpachtung sei nur der Y-Gesellschaft nützlich gewesen, nicht jedoch der X-Gesellschaft.

Entscheidung des BFH

Der BFH wies die Revision der Klägerin zurück. Die Voraussetzungen der Haftungsnorm des § 74 AO sind im Streitfall erfüllt.

Eine Person ist gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 AO an dem Unternehmen wesentlich beteiligt, wenn sie unmittelbar oder mittelbar zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital oder am Vermögen des Unternehmens beteiligt ist (dies liegt hier vor). Im Streitfall gehörten die vom Finanzamt zur Haftung herangezogenen Gegenstände nicht dem Unternehmer - der X-Gesellschaft -, sondern einer an dem Unternehmen wesentlich beteiligten Person, nämlich der Klägerin. Bei dem verpachteten Sachanlagenvermögen handelt es sich um Gegenstände im Sinne von § 74 Abs. 1 Satz 1 AO, die für die Führung des Betriebs und die Erzielung steuerbarer Umsätze von wesentlicher Bedeutung sind. Gegenstände sind dabei nicht nur körperliche Gegenstände, sondern alle Wirtschaftsgüter materieller und immaterieller Art.

Für das Kriterium der wesentlichen Bedeutung der Gegenstände für die Führung des Betriebs und die Erzielung steuerbarer Umsätze hat die Rechtsprechung keine weiteren Voraussetzungen - etwa die Erzielung von Gewinnen - oder Anforderungen an die Art der betrieblichen Verwendung der Gegenstände aufgestellt. Vielmehr sind die Gründe für die wesentliche Bedeutung unerheblich. Es genügt, dass hiermit der Betrieb geführt und steuerbare Umsätze erzielt werden.

Weiterhin sieht der BFH das Haftungsobjekt des § 74 AO nicht beschränkt auf den (im Zeitpunkt der Haftungsinanspruchnahme noch) im Eigentum des Beteiligten stehenden Gegenstand, sondern ausgedehnt auf ein dafür gegebenenfalls erhaltenes Surrogat (Veräußerungserlös, Schadenersatz, Tauschgegenstand oder Ähnliches), wenn der Gegenstand im Zeitraum der Steuerschuldentstehung dem Unternehmen gedient hat. Insofern ist auch eine Mitbenutzung der Gegenstände durch andere für die Haftung nicht schädlich.

Schließlich waren für die Führung des Verpachtungsbetriebs der X-Gesellschaft und für die Erzielung der daraus resultierenden Umsätze die von der Klägerin verpachteten Gegenstände von wesentlicher Bedeutung. Denn diese stellten das erforderliche Sachanlagevermögen dar.

Fundstelle

BFH, Beschluss vom 06. August 2024 (VII R 25/21) – veröffentlicht am 10. Oktober 2024.

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