Zur Anwendung abkommensrechtlicher Aktivitätsvorbehalte auf ausländische Betriebsstätteneinkünfte

Sieht eine abkommensrechtliche "Switch over"-Klausel vor, dass die Anwendung der Freistellungsmethode bei Betriebsstätteneinkünften unter einem Aktivitätsvorbehalt steht und wird hierfür auf § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG verwiesen, erfüllen ausländische Betriebsstätten das dortige Tatbestandsmerkmal "ausländische Gesellschaft". Die Verweisung betrifft nicht nur die Regelung der aktiven (Grund-)Tätigkeiten, sondern bezieht die in § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG vorgesehenen Einschränkungen ein (hier: Mitwirkung eines gemäß § 7 AStG an der Gesellschaft beteiligten, unbeschränkt Steuerpflichtigen an der Dienstleistung nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG). Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob für im Jahr 2004 (Streitjahr) erzielte Einkünfte aus ausländischen Betriebsstätten unter Berücksichtigung abkommensrechtlicher Aktivitätsvorbehalte und § 20 Abs. 2 des Außensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (AStG) die Freistellungs- oder die Anrechnungsmethode anzuwenden ist.

Die Klägerin (eine in Deutschland ansässige GmbH) unterhielt in Russland und Rumänien Betriebsstätten, in denen Dienstleistungen erbracht wurden. In den Betriebsstätten wurde u.a. auch der zu mehr als zur Hälfte beteiligte Gesellschafter der Klägerin eingesetzt.

Aufgrund der jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen, die beide einen Aktivitätsvorbehalt unter Hinweis auf § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG enthielten, versagte die Finanzverwaltung die Freistellung der Betriebsstätteneinkünfte.

Hiergegen wandte sich die Klägerin. Eine Freistellung sollte sich – so die Klägerin – aus § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG ergeben, der für Einkünfte nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) AStG eine Rückausnahme vom „Switch Over“ nach § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG anordnet.

Die Klage vor dem Sächsischen Finanzgericht hatte keinen Erfolg (siehe unseren Blogbeitrag).

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass im Streitfall aufgrund der abkommensrechtlichen Aktivitätsvorbehalte des DBA-Russland und des DBA-Rumänien nicht die Freistellungs-, sondern die Anrechnungsmethode anwendbar ist.

Sieht eine abkommensrechtliche "Switch over"-Klausel vor, dass die Anwendung der Freistellungsmethode bei Betriebsstätteneinkünften unter einem Aktivitätsvorbehalt steht und wird hierfür auf § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG verwiesen, erfüllen ausländische Betriebsstätten das dortige Tatbestandsmerkmal "ausländische Gesellschaft".

Die Verweisung betrifft nicht nur die Regelung der aktiven (Grund-)Tätigkeiten, sondern bezieht die in § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG vorgesehenen Einschränkungen ein (hier: Mitwirkung eines gemäß § 7 AStG an der Gesellschaft beteiligten, unbeschränkt Steuerpflichtigen an der Dienstleistung nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG).

Die (Rück-)Ausnahme des § 20 Abs. 2 Satz 2 AStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010), die als Rechtsfolge die Beibehaltung der Freistellungsmethode vorsieht, kommt nicht zur Anwendung, wenn ein Wechsel der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode nicht aus § 20 Abs. 2 AStG bzw. § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG i.d.F. des JStG 2010, sondern bereits aus der Anwendung einer abkommensrechtlichen "Switch over"-Klausel folgt.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 3. Juli 2024 (I R 4/21), veröffentlicht am 17. Oktober 2024.

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

 

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