Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG bei ausländischer Betriebsstätte - keine Abkommensberechtigung von Personengesellschaften nach dem DBA-Niederlande 1959/2004
Personengesellschaften sind nach dem DBA-Niederlande 1959/2004 im Hinblick auf die Gewerbesteuer nicht selbst abkommensberechtigt. Abkommensberechtigt sind ihre jeweiligen Gesellschafter. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Klägerin des Verfahrens war eine inländische GmbH & Co. KG, die in den Streitjahren 2013 und 2014 in Deutschland Bau- und Montagebetriebsstätten (Geschäftseinrichtungsbetriebsstätten) unterhielt. Ihre Geschäftsleitungsbetriebsstätte lag demgegenüber in den Streitjahren in den Niederlanden.
Gestritten wurde im Kern um die Aufteilung der seitens der KG erzielten Gewinne aus der Bebauung und Veräußerung von Grundstücken zwischen den inländischen Geschäftseinrichtungsbetriebsstätten und der ausländischen Geschäftsleitungsbetriebsstätte. Denn danach entscheidet sich, wieviel der Gewinn aus der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage der KG nach § 9 Nr. 3 Gewerbesteuergesetz (GewStG) zu kürzen ist.
Das beklagte Finanzamt war nach einem sog. Joint Audit mit der niederländischen Steuerbehörde der Auffassung, § 9 Nr. 3 GewStG sei nicht anzuwenden. Es unterwarf Bauprojekte auf eigenen Grundstücken der Klägerin in Deutschland in vollem Umfang der deutschen Besteuerung. Gewinne aus Bauprojekten auf fremden Grundstücken in Deutschland von weniger als 12 Monaten Dauer wurden der niederländischen Besteuerung zugeordnet. Diejenigen mit einer Bauzeit von länger als 12 Monaten wurden zu 20 % Deutschland zugeordnet und wegen des Projektaufwands zu 80 % den Niederlanden zugeordnet.
Die Klägerin beantragte, dass unabhängig vom Ort des Bauprojektes 80 % des gesamten Gewinns den Niederlanden zuzurechnen sei, da sie keinen stehenden Gewerbebetrieb i.S.v. § 2 GewStG, sondern lediglich eine Betriebsstätte am Ort der Geschäftsleitung in den Niederlanden unterhalten habe und zumindest § 9 Nr. 3 GewStG greife.
Die Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf hatte teilweise Erfolg (siehe unseren Blogbeitrag). Das Finanzgericht hat die angefochtenen Bescheide dahin geändert, dass "im Rahmen der Kürzungen zusätzlich eine Kürzung gemäß § 9 Nr. 3 GewStG um ein Drittel des Gewinnes aus Gewerbebetrieb vorgenommen wird"; im Übrigen hat es die Klage als unbegründet abgewiesen.
Entscheidung des BFH
Der BFH hat der Revision stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Die beiden Gesellschafterinnen der Klägerin haben als Mitunternehmerinnen auf der Ebene der Klägerin einen Gewerbebetrieb unterhalten, der der Gewerbesteuer unterliegt. Die von der Klägerin in den Streitjahren erzielten Erträge sind jedoch nur zum Teil gewerbesteuerpflichtig. Nach zutreffender Annahme der Vorinstanz ‑und entgegen der Auffassung des Finanzamts‑ gilt dies auch für die mit dem Verkauf der von der Klägerin selbst erworbenen, bebauten und sodann veräußerten inländischen Grundstücke erzielten Erträge.
Die vom Finanzgericht vorgenommene Aufteilung und Zuordnung des Gewerbeertrags auf die deutschen und niederländischen Betriebsstätten hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.
Die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt (§ 9 Nr. 3 GewStG), ist auch dann vorzunehmen, wenn die Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) nach dem einschlägigen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht gehindert wäre, den gesamten Gewerbeertrag zu besteuern, und wenn sich im Rahmen einer koordinierten steuerlichen Außenprüfung (Joint Audit) die deutschen und die ausländischen Finanzbehörden auf eine vollständige Besteuerung durch Deutschland verständigt haben.
Der Gewinn aus der Veräußerung eines bebauten Grundstücks durch ein gewerbliches Unternehmen unterfällt auch dann vollständig Art. 4 DBA-Niederlande 1959/2004 (Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen), wenn die Bebauung vom Unternehmen selbst durchgeführt und das Grundvermögen dem Umlaufvermögen zugeordnet worden ist.
Das Finanzgerichts-Urteil beruht zum Teil auf einer abweichenden Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Finanzgericht zurückzuverweisen, damit dieses im zweiten Rechtsgang die erforderlichen Feststellungen zur Aufteilung des Gewerbeertrags zwischen den inländischen Betriebsstätten und der niederländischen Betriebsstätte treffen kann.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 5. Juni 2024 (I R 32/20), veröffentlicht am 31. Oktober 2024.