Verlustausgleichsvolumen durch Einlagen trotz sogenannter Mehrentnahmen in Vorjahren

Bei der Ermittlung der Höhe des verrechenbaren Verlustes des Kommanditisten gemäß § 15a EStG sind dessen im Verlustentstehungsjahr erbrachte Einlagen auch dann in voller Höhe zu berücksichtigen, wenn die Mittel hierfür bei wirtschaftlicher Betrachtung aus Entnahmen stammen, die der Kommanditist in Vorjahren ‑über die von ihm erbrachten Einlagen hinaus‑ getätigt hat und die wegen § 15a Abs. 3 Satz 2 EStG nicht zu einer Gewinnhinzurechnung geführt haben. Eine Minderung der Einlagen um einen (negativen) außerbilanziellen Korrekturposten "Rückführung Mehrentnahmen" kommt nicht in Betracht. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein die Höhe des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) des Klägers. Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Minderung der vom Kläger im Jahr 2016 (Streitjahr) geleisteten Einlagen um sogenannte Mehrentnahmen aus Vorjahren.

Die Klägerin hatte in den Vorjahren 2014 und 2015 Entnahmen getätigt, die ihre Einlagen überstiegen haben („sog. Mehrentnahmen“). Ein Gewinn in Höhe der Einlagenminderung nach § 15a Abs. 3 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) konnte der Klägerin nicht zugerechnet werden, da bis einschließlich 2015 keine ausgleichsfähigen Verluste angefallen sind. Im Streitjahr 2016 tätigte die Klägerin eine im Vergleich zu den Streitjahren hohe Einlage, wodurch die Verluste im Streitjahr nahezu vollständig ausgleichsfähig waren.

Darüber hinaus vertrat die Klägerin die Ansicht, dass der außerbilanzielle Hinzurechnungsbetrag i.S.d. § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG für Zwecke des § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG zu berücksichtigen sei.

Nach Ansicht des Finanzamtes führe dies zu einem unrechtmäßigen Steuervorteil, da sich bei jahresübergreifender Betrachtung sämtlicher Einlagen und Entnahmen des Klägers ein die Verluste insgesamt nicht deckender Überschuss der Einlagen über die Entnahmen ergibt, wodurch der im Streitjahr 2016 entstehende Verlust nicht vollständig ausgleichsfähig gewesen wäre. Es sei ein steuerlicher Korrekturposten für Mehrentnahmen zu bilden, der über die Jahre fortgeführt werden müsse.

Soweit in Folgejahren Einlagen geleistet werden, sei der hieraus resultierende ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust um diese Mehrentnahmen zu mindern. Wenn eine Entnahme in den Vorjahren nicht zu einer Besteuerung führe, kann eine Einlage nicht zu einer Erhöhung des Verlustverrechnungspotentials führen.

Die Klage vor dem Finanzgericht Münster hatte Erfolg (siehe unseren Blogbeitrag).

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht hat zutreffend entschieden, dass im Rahmen der Ermittlung des verrechenbaren Verlustes des Klägers dessen im Streitjahr erbrachte Einlagen in vollem Umfang zu berücksichtigen sind und sich somit ein verrechenbarer Verlust in Höhe von 0 € ergibt. Dies folgt aus § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG, der auf dem Prinzip des stichtagsbezogenen Kapitalkontenvergleichs beruht. Eine Minderung dieser Einlagen um sogenannte Mehrentnahmen aus Vorjahren kommt bei wortgetreuer Auslegung des § 15a Abs. 1 EStG nicht in Betracht. Eine entsprechende Minderung lässt sich auch nicht aus einer teleologischen Reduktion des Einlagebegriffs in § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG herleiten.

Die Minderung der vom Kläger im Streitjahr erbrachten Einlagen um sogenannte Mehrentnahmen aus Vorjahren lässt sich entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung auch nicht aus einer teleologischen Reduktion des Einlagebegriffs in § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG herleiten.

Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung kann eine Minderung der vom Kläger im Streitjahr erbrachten Einlagen um sogenannte Mehrentnahmen auch nicht aus § 15a Abs. 3 EStG hergeleitet werden.

Schließlich hat das Finanzgericht auch zutreffend erkannt, dass die vom Finanzamt vorgenommene Minderung des ausgleichs- beziehungsweise abzugsfähigen Verlustes des Klägers nicht auf § 42 AO gestützt werden kann.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 10. Oktober 2024 (IV R 10/22), veröffentlicht am 14. November 2024.

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