Gemeinnützigkeit und Verfassungsschutzbericht

Die Versagung der Gemeinnützigkeit wegen der Förderung verfassungsfeindlicher Bestrebungen (§ 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes) aufgrund einer sich aus einem Verfassungsschutzbericht ergebenden Vermutungswirkung setzt voraus, dass die Körperschaft als selbständiges Steuersubjekt in diesem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch bezeichnet wird. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger, ein Verein, war eine selbständige Landesorganisation, deren Bezeichnung teilweise wortgleich in dem Namen der ebenfalls selbständigen Bundesorganisation enthalten war. Der Name der Bundesorganisation enthielt zudem eine Abkürzung. Die Verfassungsschutzberichte eines Landes enthielten Ausführungen zu beiden Organisationen. Der jeweilige Anhang einiger dieser Verfassungsschutzberichte, der extremistische Organisationen aufführte, führte nur den wortgleichen Namensteil und die Abkürzung auf.

Das Finanzamt versagte dem Kläger die Körperschaftsteuerbefreiung für gemeinnützige Körperschaften, da er nach Auffassung des Finanzamt in Verfassungsschutzberichten als extremistisch aufgeführt war und die dann nach § 51 Abs. 3 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) geltende Vermutung, er fördere Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland, nicht widerlegt habe.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat die Entscheidung der Vorinstanz, die die Auffassung des Finanzamts bestätigte, aufgehoben.

Zwar greift die widerlegbare Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO bereits dann ein, wenn eine Körperschaft in einem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch aufgeführt ist, wofür die Erwähnung in einem Anhang des Verfassungsschutzberichtes, der extremistische Organisationen aufführt, genügt.

Indes muss die jeweilige Körperschaft eindeutig identifizierbar sein. Hierfür reicht es nicht aus, wenn aus den Verfassungsschutzberichten nicht klar hervorgeht, welche Körperschaft als selbständiges Steuersubjekt gemeint ist. Eine "Konzernbetrachtung" findet im Rahmen des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO nicht statt.

Der BFH hat die Sache an das Finanzgericht München zurückverwiesen, da das Finanzgericht die Tatsachen, ob eine bestimmte Körperschaft als selbständiges Steuersubjekt in den Verfassungsschutzberichten im Sinne des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO aufgeführt ist, selbst zu prüfen und zu würdigen hat und dies im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden kann.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 5. September 2024 (V R 36/21), veröffentlicht am 28. November 2024, vgl. die Pressemitteilung 045/24.

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils (sowie dem Urteil V R 15/22) finden Sie hier.

Zum Anfang